Entsprechend §69 Abs.2 Nr.3 StGB ist der Fahrer bei einer Unfallflucht regelmäßig als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, wenn „an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist“. Fraglich und durchaus umstritten ist, was ein „bedeutender Schaden“ ist.
Auch bei uns:
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Entzug der Fahrerlaubnis nach Unfallflucht
Was nun immer wieder bei der Strafe nach einer Unfallflucht unterschätzt wird, ist die Führerscheinmaßnahme. Denn mit §69 Abs.2 N3. StGB gilt, dass der Täter „in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen“ ist beim Vorwurf des
unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist
§69 Abs.2 Ziff.3 StGB
Und genau da, wo viele eine Hürde sehen, liegt in der Praxis nur selten eine – beim „bedeutenden Schaden“. Spätestens bei einem Sachschaden ab 1.300,00 € wird man von der Einordnung als bedeutend ausgehen dürfen (so etwa LG Krefeld, 21 Qs 47/16). Und dieser Betrag ist in der heutigen Zeit sehr viel schneller in Kostenvoranschlägen erreicht, als Laien glauben, da nämlich nicht der reine Sachschaden herangezogen wird, sondern mitunter die Umsatzsteuer berücksichtigt wird (nicht fiktiv) und auch sonstige Kosten der Ausbesserung, etwa Arbeitslohn, berücksichtigt findet. Erhebliche Lackierarbeiten liegen dann schon gerne im vierstelligen Bereich.
Hinweis: Die Wertgrenze ist nicht gesetzlich definiert, je nach Argumentation und Gericht sind hier nochmals Abweichungen möglich, teilweise bis zu 1500 Euro (so etwa LG Offenburg, 3 Qs 31/17).
Wertgrenze für Entzug der Fahrerlaubnis bei 1.500 Euro
hier wird mit einer Wertgrenze gearbeitet die sich über die Jahre im Fluss befindet. Das LG Braunschweig (8 Qs 113/16) hat nun bestätigt, dass die früher vertretene Grenze von 1.300 Euro auf Grund der Geldentwicklung (natürlich!) anzuheben ist:
Zwar lag die Grenze für einen bedeutenden Sachschaden nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ab dem Jahr 2002 nach ständiger Rechtsprechung der 8. großen Strafkammer des Landgerichts Braunschweig bei einem Sachschaden von 1.300,00 € (LG Braunschweig, 8 Qs 392/04, Beschluss vom 22.11.2004 – juris).
Auch verweist die Staatsanwaltschaft Braunschweig in ihrer Beschwerdebegründung zu Recht darauf, dass sämtliche führenden – auch aktuellen – strafrechtlichen Kommentierungen an dem bekannten Wert von 1.300,00 € festhalten (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 69 Rn. 29; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl. 2014, § 69 Rn. 7; Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 69 Rn. 39; Münchener Kommentar StGB, 2. Aufl. 2012, § 69 Rn. 71; Systematischer Kommentar zum StGB, 8. Aufl. 2012, § 69 Rn. 18 (Stand: Oktober 2014); von Heintschel-Heinegg, StGB, 2. Aufl. 2015, § 69 Rn. 40 (Grenze: 1.250,00 €); Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl. 2014, § 69 Rn. 42; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 69 Rn. 17; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl. 2016, § 69 Rn. 20).
Jedoch stützen sich sämtliche Kommentierungen zur Begründung dieses Wertes allein auf die dazu ergangene Rechtsprechung, die, wie das Amtsgericht Braunschweig in dem angegriffenen Beschluss zu Recht ausgeführt hat, überwiegend älteren Datums ist. Auch die soweit ersichtlich zuletzt den Wert von 1.300,00 € bestätigenden Entscheidungen sind bereits nahezu 6 Jahre (OLG Hamm, Beschluss vom 30.09.2010, III 3 RVs 72/10, NZV 2011, 356) und 3 Jahre alt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2013, III-3 Ws 225/13, juris). Die Grenze von 1.300,00 € ist bereits seit dem Jahr 2002 anerkannt (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 69 Rn. 29; LG Braunschweig, 8 Qs 392/04, Beschluss vom 22.11.2004 – juris) und wird bis heute überwiegend als gegeben hingenommen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2013, III-3 Ws 225/13, juris).
Jedoch kann bei der Interpretation ausfüllungsbedürftiger Tatbestandsmerkmale wie dem bedeutenden Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB die allgemeine Geldentwicklung nicht außer Betracht bleiben (Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 69 Rn. 39), sodass bei einem seit dem Jahre 2002 unveränderten Wert nunmehr nach 14 Jahren eine Anpassung vorzunehmen ist.
Als Wertgrenze sind vielmehr im Ergebnis 1.500 Euro anzunehmen.
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