Unerreichbarer Zeuge bei internationalem Haftbefehl

Zur Frage der Annahme der Unerreichbarkeit eines Zeugen bei mehrmonatiger erfolgloser aufgrund eines (internationalen) Haftbefehls konnte der Stellung nehmen (BGH, 6 StR 219/22).

Unerreichbar im strafprozessualen Sinne ist ein , wenn das Tatgericht unter Beachtung der ihm obliegenden Sachaufklärungspflicht alle der Bedeutung des Zeugnisses entsprechenden Anstrengungen zur Herbeiführung des Zeugen vergeblich unternommen hat und keine begründete Aussicht besteht, dass der Zeuge in absehbarer Zeit als Beweismittel herangezogen werden kann.

In die tatrichterliche Würdigung dieser Frage können die Gesamtumstände einbezogen werden, die dem Erscheinen und der Aussage des Zeugen in der entgegenstehen (BGH, 5 StR 413/65). Ist das Gericht bei gewissenhafter Prüfung der maßgeblichen Umstände davon überzeugt, dass der Zeuge einer Ladung zur Hauptverhandlung nicht Folge leisten wird, so ist es nicht verpflichtet, vor Ablehnung eines Beweisantrages einen aussichts- und zwecklosen Ladungsversuch zu unternehmen (BGH, 4 StR 691/78 und 1 StR 559/89). Gleiches gilt, wenn die Bemühungen um das Beweismittel von vornherein als aussichtslos anzusehen sind (BGH, 5 StR 12/61).

Mit einer mehrmonatigen erfolglosen internationalen Fahndung ist aus Sicht des Bundesgerichtshofs das effektivste Mittel, einer Person habhaft zu werden, die sich für einen hinreichend aussagekräftigen Zeitraum den Ermittlungsbehörden verborgen hält, ausgeschöpft. Weitere Ermittlungsschritte seien darüber hinaus nicht geboten. Insbesondere liegt es ohne näheren Vortrag außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit, dass sich aus dem – der anwaltlichen Schweigepflicht unterliegenden – „Vertreter“ belastbare Erkenntnisse über den Aufenthaltsort des sich verborgen haltenden Zeugen ergeben würden. Vor diesem Hintergrund erübrigen sich weitere Erwägungen, etwa zu Fragen der Rechtshilfe oder des freien Geleits.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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