In einem bemerkenswerten Beschluss vom 10. Januar 2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall 6 StR 276/23 entschieden, wie die Frist zur Anbringung von Beweisanträgen gemäß § 244 Abs. 6 StPO gehandhabt werden sollte. Dieses Urteil bringt wichtige Klärungen zum Thema Beweisanträge und deren Fristsetzung, welche erhebliche Auswirkungen auf die Praxis der Strafverfahrensführung haben.WeiterlesenBGH zur korrekten Handhabung von Fristsetzungen für Beweisanträge
Schlagwort: Beweisantrag
Ein Beweisantrag im strafprozessualen Sinn ist ein Antrag des Angeklagten im Strafprozess an das Gericht, einen bestimmten Beweis zu erheben. Ein Beweisantrag kann sowohl von der Verteidigung als auch von der Staatsanwaltschaft gestellt werden.
Ein Beweisantrag kann sich auf verschiedene Arten von Beweismitteln beziehen, z.B. auf Zeugen, Sachverständige oder Urkunden. Der Beweisantrag muss konkret und präzise sein und die Beweistatsachen sowie die Beweismittel angeben, auf die er sich stützt. Der Beweisantrag ist zu begründen, indem dargelegt wird, warum der Beweis für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung ist.
Das Gericht ist verpflichtet, einen zulässigen Beweisantrag zu prüfen und gegebenenfalls die Beweiserhebung anzuordnen. Ein Beweisantrag kann aber auch abgelehnt werden, wenn er z.B. unzulässig ist, weil er gegen gesetzliche Vorschriften oder Verfahrensvorschriften verstößt, oder wenn der beantragte Beweis für den Ausgang des Verfahrens als unerheblich oder belanglos angesehen wird.
Die Entscheidung über die Zulässigkeit und den Inhalt eines Beweisantrags ist ein wesentlicher Schritt im Strafverfahren, da sie den Fortgang und den Ausgang des Verfahrens beeinflussen kann. Die Strafverteidigung benötigt an diesem Punkt erhebliches strafprozessuales Wissen, das nach hiesigem Eindruck insbesondere zivilrechtlich tätige Kollegen, die sich an einem Strafprozess versuchen, immer wieder unterschätzen.
§ 244 Abs. 2 StPO gebietet, von Amts wegen Beweise zu erheben, wenn aus den Akten oder aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung Umstände und Möglichkeiten bekannt oder erkennbar sind, die bei verständiger Würdigung der Sachlage Anlass zu begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme gewonnenen Überzeugung geben müssen.WeiterlesenWann ist im Strafprozess von Amts wegen Beweis zu erheben?
Mit am 20.6.23 veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts (2 BvR 1167/20) eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, mit der sich der Beschwerdeführer gegen die gerichtliche Festsetzung eines Bußgeldes wegen einer vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung wendet. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts wurde die Geschwindigkeitsmessung mit Hilfe des von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB)…WeiterlesenErfolglose Verfassungsbeschwerde wegen fehlender „Rohmessdaten“ bei Geschwindigkeitsmessung
Zur Frage der Annahme der Unerreichbarkeit eines Zeugen bei mehrmonatiger erfolgloser Fahndung aufgrund eines (internationalen) Haftbefehls konnte der Bundesgerichtshof Stellung nehmen (BGH, 6 StR 219/22).WeiterlesenUnerreichbarer Zeuge bei internationalem Haftbefehl
Die Streitfragen rund um Encrochat setzen sich weiter fort – aktuell konnte der 5. Senat zumindest ein wenig zu den Rohdaten sagen und verwundert den Laien mit Ausführungen, die man im modernen Strafprozess wohl kaum erwarten dürfte: Die Ablehnung der Beiziehung der „Originaldaten“ begegnet auf der Grundlage des Revisionsvortrags keinen rechtlichen Bedenken. Denn ausweislich der…WeiterlesenEncrochat: BGH verweigert sich weiterhin der Auseinandersetzung
Der Bundesgerichtshof (4 StR 392/20) konnte klarstellen, dass ein Gericht von dem Verbot der Beweisantizipation befreit ist, wenn es um die Ablehnung eines Beweisantrags auf Vernehmung eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre, geht. Insbesondere darf das Gericht dann seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der beantragten Beweisaufnahme zu erwarten sind…WeiterlesenBeweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen aus dem Ausland
Beweisantrag
Wann ist ein Antrag als Beweisantrag zu qualifizieren? Ein Beweisantrag liegt entsprechend § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel…WeiterlesenBeweisantrag
Dass es sich bei der Beanstandung rechtsfehlerhafter Ablhenung eines Beweisantrag der Sache nach um eine Aufklärungsrüge handelt, die nur dann in zulässiger Weise erhoben ist, wenn eine konkrete Beweistatsache behauptet, ein bestimmtes Beweismittel benannt und dargelegt wird, welche Umstände den Tatrichter zur weiteren Beweisaufnahme hätten drängen müssen und welches Beweisergebnis von der unterbliebenen Beweiserhebung zu…WeiterlesenRechtsbeschwerde mit Beanstandung rechtsfehlerhafter Ablehnung eines Beweisantrags
Dass eine verjährungsunterbrechende Wirkung mit § 33 Abs. 1 Ziff. 6 OWiG auch durch die gerichtliche Anfrage bei einer ausländischen Meldebehörde entstehen kann, hat das Oberlandesgericht Köln, 1 RBs 26/22, betont.WeiterlesenUnterbrechung der Verjährung durch Untersuchungshandlung im Ausland
Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit ist grundsätzlich sehr anspruchsvoll: Tatsächlich bedeutungslos sind nämlich ausschließlich Indiz- beziehungsweise Hilfstatsachen, wenn zwischen ihnen und dem Gegenstand der Urteilsfindung kein Sachzusammenhang besteht oder sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen könnten, weil sie nur mögliche, nicht aber zwingende Schlüsse zulassen und…WeiterlesenAblehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit
Der 3. Senat hat sich dem 5. Senat angeschlossen und hervorgehoben, dass sich ein Beweisantrag nicht zu Umständen verhalten muss, die ihn bei fortgeschrittener Beweisaufnahme mit gegenläufigen Beweisergebnissen dennoch plausibel erscheinen lassen. Die frühere Rechtsprechung, die vereinzelt eine derartige „qualifizierte“ Konnexität für erforderlich gehalten hat, findet seit der umfassenden Neuregelung des Beweisantragsrechts durch das Gesetz…Weiterlesen3. Senat: Keine qualifizierte Konnexität im Beweisantrag
Ein Beweisantrag liegt mit § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Doch wann…WeiterlesenWann ist ein Beweisantrag ernsthaft gestellt?
Das Oberlandesgericht Düsseldorf, 2 RBs 25/22, hat hervorgehoben, dass wenn bei einem standardisierten Messverfahren Messdaten nicht gespeichert werden, dies nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führt. Die Verwertbarkeit des Messergebnisses hängt nicht von der Rekonstruierbarkeit des Messvorgangs anhand gespeicherter Messdaten ab (hier: PoliScan FM1, Softwareversion 4.4.9): Der Senat und andere Oberlandesgerichte haben bereits mehrfach entschieden, dass der…WeiterlesenKein Beweisverwertungsverbot bei mangelnder Speicherung von Messdaten
Bekanntlich ist, wenn eine durch Beschluss unter Beweis gestellte Tatsache als erwiesen angesehen wird, diese damit auch für das Urteil bindend. Somit darf sich im Urteil das Gericht zu dieser nicht in Widerspruch setzen. Wie der 2. Senat (2 StR 477/19) klarstellt, ist hiervon auch umfasst, dass diese Tatsache in ihrer vollen, aus Sinn und…WeiterlesenUnter Beweis gestellte Tatsache
Beweisanträge sind das Mittel professioneller Strafverteidigung: Wenn aber davon ausgegangen wird, ein Antrag stelle mangels Ernsthaftigkeit keinen Beweisantrag im Sinne von § 244 Abs. 3 StPO dar, liegt lediglich ein Beweisermittlungsantrag vor. Dies kann auch geschehen, wenn eine zu beweisende Tatsache nur aufs Geratewohl behauptet wird. Die Frage, ob ein „aufs Geratewohl“ gestellter Antrag vorliegt,…WeiterlesenDer „aufs Geratewohl“ gestellte Beweisantrag