Am 31. Oktober 2024 entschied der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln in einem brisanten Fall, der den Schutz der Persönlichkeitsrechte gegen rufschädigende Berichterstattung im Internet und Printmedien betraf (Az. 15 W 99/24). Das Urteil bietet einen tiefen Einblick in die Anforderungen an die gerichtliche Kontrolle der Medienberichterstattung und den Umfang von Unterlassungsverfügungen.
Sachverhalt
Ein Kläger sah sich durch mehrere Aussagen und Bilder, die auf einer Webseite und in einer Printpublikation erschienen waren, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Die betroffenen Veröffentlichungen enthielten nach seiner Ansicht rufschädigende Behauptungen. Der Kläger beantragte daher eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte, die sich gegen die Verbreitung bestimmter Aussagen und Darstellungen richtete.
In der Vorinstanz hatte das Landgericht Köln Teile des Antrags abgewiesen. Der Kläger legte daraufhin Beschwerde ein, um den Schutz seines Persönlichkeitsrechts weiter durchzusetzen.
Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln
Das Oberlandesgericht Köln hob die Entscheidung des Landgerichts teilweise auf und erließ eine einstweilige Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte. Dabei wurden mehrere Aussagen und Darstellungen untersagt. Zudem drohte das Gericht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung an, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten.
Das Gericht stellte klar, dass die Verbreitung der Aussagen und Darstellungen die Persönlichkeitsrechte des Verfügungsklägers verletzten. Es betonte die Verantwortung der Medien, ihre Berichterstattung sorgfältig zu prüfen, um die Grenze zwischen zulässiger Meinungsfreiheit und unzulässiger Rufschädigung nicht zu überschreiten:
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch das Recht am eigenen Wort. Es schützt den Einzelnen davor, dass ihm Äußerungen zugeschrieben werden, die er nicht getan hat und die seine Privatsphäre oder den von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen. Der grundrechtliche Schutz wirkt dabei nicht nur gegenüber Fehlzitaten, sondern auch gegenüber unrichtigen, verfälschten oder entstellten Wiedergaben einer Äußerung (vgl. BGH, Urteile vom 21. Juni 2011 – VI ZR 262/09, NJW 2011, 3516 Rn. 11 mwN; vom 26. November 2019 – VI ZR 12/19, NJW 2020, 770 Rn. 14 f.; vom 29. November 2021 – VI ZR 248/18, NJW 2022, 847 Rn. 25; BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 1980 – 1 BvR 185/77, NJW 1980, 2070, 2071). Vorliegend kommt hinzu, dass die angegriffene Äußerung dazu diente, im Rahmen einer Verdachtsberichterstattung die Stellungnahme des Betroffenen wiederzugeben. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass eine solche Wiedergabe zumindest sinngemäß richtig sein muss und dies auch dann gilt, wenn die Stellungnahme durch einen Vertreter des Betroffenen abgegeben wird.
Rechtliche Analyse
Das Urteil verdeutlicht die Anforderungen an die Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) und der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG). Im vorliegenden Fall stellte das Gericht fest, dass die beanstandeten Aussagen nicht von der Pressefreiheit gedeckt waren, da sie die Persönlichkeitsrechte des Klägers unverhältnismäßig beeinträchtigten.
Das Oberlandesgericht stützte sich insbesondere auf folgende rechtliche Kriterien:
- Wahrheitsgehalt der Aussagen: Aussagen, die nicht nachweislich der Wahrheit entsprechen und die Ehre des Betroffenen herabsetzen, sind unzulässig.
- Kontext der Veröffentlichung: Eine isolierte Betrachtung von Aussagen und Bildern reicht nicht aus. Der Kontext der gesamten Berichterstattung muss berücksichtigt werden.
- Interessenabwägung: Das Gericht prüfte, ob das Interesse der Öffentlichkeit an der Information schwerer wiegt als der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Klägers. Hier fiel die Abwägung zugunsten des Klägers aus.
Fazit
Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln setzt einen wichtigen Maßstab für den Schutz der Persönlichkeitsrechte in einer zunehmend digitalisierten Medienlandschaft. Es zeigt, dass Gerichte bereit sind, konsequent gegen rufschädigende Veröffentlichungen vorzugehen und dabei die Grenzen der Meinungs- und Pressefreiheit zu definieren. Unternehmen und Einzelpersonen, die sich durch Medienberichte verletzt sehen, können sich durch gerichtliche Maßnahmen effektiv wehren.
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