EnVKV: Keine Kennzeichnungspflicht für verpackte Elektrogeräte

Die der sößt dort an ihre Grenze, wo das Elektrogerät noch verpackt ist und gar nicht zu erkennen ist, so das Oberlandesgericht Hamm (4 U 165/14):

Befinden sich im Verkaufslokal eines Händlers energieverbrauchsrelevante Produkte (hier: Haushaltselektrogeräte) in einer undurchsichtigen Verpackung (hier: Kartonverpackung), sind diese Produkte nicht „ausgestellt“ im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 EnVKV.

Die Entscheidung verdeutlich wieder einmal, in welche Richtung sich der Wettbewerbsschutz entwickelt hat – das Gericht hat vollkommen zu Recht entschieden, wobei schon nicht zu erkennen ist, warum hier überhaupt Verbraucherinteressen bei vollverpackten Geräten berührt sein sollten. In diesem Bereich gilt allerdings natürlich, dass bei der Bewerbung von Geräten die EnVKV zu berücksichtigen ist.

Aus der Entscheidung:

Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 4 Satz 1 EnVKV iVm Art. 4 lit. a) der VO (EU) Nr. 1060/2010 lag nicht vor. Die Etikettierungspflicht gilt nach der ausdrücklichen Regelung in § 4 Abs. 4 Satz 1 EnVKV nur für „ausgestellte“ Produkte; das Gleiche ergibt sich auf europarechtlicher Ebene im Umkehrschluss aus Art. 4 lit. b) der VO (EU) Nr. 1060/2010. Die Präsentation eines Haushaltskühlgerätes in einer Kartonumverpackung, bei der der Kunde das Gerät selbst nicht sehen kann, stellt kein „Ausstellen“ des Haushaltskühlgerätes dar.

(1) Die bundesrechtliche Legaldefinition des „Ausstellens“ in § 2 Nr. 16 des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes gibt für die hier in Rede stehende Fragestellung nichts her.

(2) Dass die Präsentation eines Haushaltskühlgerätes in einer Kartonumverpackung, bei der der Kunde das Gerät selbst nicht sehen kann, nicht als „Ausstellen“ des Gerätes gewertet werden kann, ergibt indes die nähere Betrachtung der europarechtlichen Etikettierungsregelungen. Art. 4 lit. a) der VO (EU) Nr. 1060/2010 schreibt nämlich vor, dass das Etikett deutlich sichtbar außen an der Vorder- oder Oberseite des „Gerätes“ angebracht sein muss.

(a) Soweit Art. 4 lit. a) der VO (EU) Nr. 1060/2010 von dem „Gerät“ spricht, ist damit das Kühlgerät selbst gemeint und nicht etwa eine Umverpackung. Dies ergibt sich zum einen aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, zum anderen aber auch aus der Gegenüberstellung der Vorschrift mit anderen energieverbrauchskennzeichnungsrechtlichen Regelungen. So ordnet z.B. Art. 3 lit. e) der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 874/2012, die energieverbrauchskennzeichnungsrechtliche Regelungen für elektrische Lampen und Leuchten enthält, an, dass das (auch hier in Rede stehende) Energieverbrauchskennzeichnungs-Etikett in den dort bezeichneten Fällen an der „Außenseite der Einzelverpackung“ angebracht werden muss. Wenn Art. 4 lit. a) der VO (EU) Nr. 1060/2010 im Gegensatz hierzu nur von dem Gerät und nicht von der Verpackung spricht, folgt hieraus, dass das Gerät selbst und nicht seine Verpackung gemeint sein muss.

(b) Die Anbringung eines Etikettes auf einem Gerät, das sich in einer Kartonumverpackung befindet und aus diesem Grunde für den Kunden – mitsamt dem gegebenenfalls aufgebrachten Etikett – selbst gar nicht sichtbar ist, würde keinen Sinn machen. Hieraus folgt wiederum, dass ein „Ausstellen“ nur eine Präsentation eines Haushaltskühlgerätes sein kann, bei der der Kunde das Gerät selbst unmittelbar ansehen kann.

bb) Ob der Händler bei der Präsentation eines kartonverpackten Gerätes in seinen Verkaufsräumen gegebenenfalls auf der Grundlage anderer energieverbrauchskennzeichnungsrechtlicher Vorschriften Informationspflichten zu erfüllen hat (z.B. nach dem für nicht ausgestellte Produkte geltenden § 5 EnVKV), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn solche Informationspflichten wären nicht mit Hilfe von Etiketten in dem hier in Rede stehenden Sinne zu erfüllen, und nach dem eindeutigen Antragswortlaut sind allein Verstöße gegen die Etikettierungspflicht des vorliegenden Rechtsstreits.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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