Bußgelder im AI-Act: Ein Überblick über das Sanktionsregime der KI-VO

Der oder auch die KI-VO, die neue Verordnung der Europäischen Union zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz, sieht strenge Regelungen vor, die den sicheren und ethischen Einsatz von KI-Systemen gewährleisten sollen. Ein zentrales Element dieser Verordnung sind die hohen Bußgelder, die bei Verstößen gegen die Vorschriften drohen. Doch wie genau sieht das Sanktionsregime in der Praxis aus, und welche zusätzlichen Maßnahmen können Mitgliedstaaten ergreifen?

Das Bußgeldregime des AI-Acts

Der AI-Act legt klare Bußgeldhöhen für Verstöße fest, die je nach Schwere des Verstoßes variieren:

  • Schwerwiegende Verstöße gegen grundlegende Verbote, wie die Manipulation von Menschen oder die Verletzung von Grundrechten, können mit Bußgeldern von bis zu 35 Millionen Euro oder 7 % des weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens bestraft werden.
  • Pflichtverletzungen durch Anbieter, Importeure, Händler und Anwender von KI-Systemen können Bußgelder von bis zu 15 Millionen Euro oder 3 % des weltweiten Jahresumsatzes nach sich ziehen.
  • Falsche oder irreführende Informationen können Bußgelder von bis zu 7,5 Millionen Euro oder 1 % des weltweiten Jahresumsatzes zur Folge haben.
ArtikelWorum geht es?Mögliche Bußgelder
Artikel 5Verstoß gegen das Verbot bestimmter AI-PraktikenBis zu 35.000.000 EUR oder bis zu 7 % des weltweiten Jahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag höher ist
Artikel 16Pflichten der AnbieterBis zu 15.000.000 EUR oder bis zu 3 % des weltweiten Jahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag höher ist
Artikel 22Pflichten der autorisierten VertreterBis zu 15.000.000 EUR oder bis zu 3 % des weltweiten Jahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag höher ist
Artikel 23Pflichten der ImporteureBis zu 15.000.000 EUR oder bis zu 3 % des weltweiten Jahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag höher ist
Artikel 24Pflichten der HändlerBis zu 15.000.000 EUR oder bis zu 3 % des weltweiten Jahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag höher ist
Artikel 26Pflichten der AnwenderBis zu 15.000.000 EUR oder bis zu 3 % des weltweiten Jahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag höher ist
Artikel 31, 33, 34Anforderungen und Pflichten der benannten StellenBis zu 15.000.000 EUR oder bis zu 3 % des weltweiten Jahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag höher ist
Artikel 50Transparenzpflichten für Anbieter und AnwenderBis zu 15.000.000 EUR oder bis zu 3 % des weltweiten Jahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag höher ist
Bereitstellung falscher, unvollständiger oder irreführender InformationenBis zu 7.500.000 EUR oder bis zu 1 % des weltweiten Jahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag höher ist

Die Bußgelder für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) einschließlich Start-ups sind auf die niedrigeren Beträge begrenzt, die in den entsprechenden Absätzen genannt werden.

Wer ist betroffen?

Der AI-Act betrifft eine Vielzahl von Akteuren, die KI-Systeme entwickeln, bereitstellen, importieren, vertreiben oder anwenden. Zu den betroffenen Gruppen gehören:

  • Anbieter von KI-Systemen: Unternehmen, die KI-Systeme auf den Markt bringen.
  • Autorisierte Vertreter: Personen oder Firmen, die in der EU als Vertreter eines Anbieters auftreten.
  • Importeure: Firmen, die KI-Systeme aus Nicht-EU-Ländern in die EU importieren.
  • Händler: Firmen, die KI-Systeme innerhalb der EU vertreiben.
  • Anwender: Unternehmen oder Einzelpersonen, die KI-Systeme in ihrer Tätigkeit nutzen.

Umsetzung in den Mitgliedstaaten: Nationale Sanktionen und Regelungen

Während der AI-Act diese finanziellen Sanktionen als Mindeststandard festlegt, überlässt er den Mitgliedstaaten die konkrete Ausgestaltung und Umsetzung der Sanktionen. Gemäß Artikel 99 Absatz 1 der KI-Verordnung sind die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, eigene Vorschriften zu erlassen, die Verstöße gegen die Verordnung sanktionieren.

Hierbei steht es den Staaten frei, neben Geldbußen auch alternative Sanktionen wie Verwarnungen oder andere nichtmonetäre Maßnahmen vorzusehen. Wichtig ist dabei, dass die Sanktionen verhältnismäßig, wirksam und abschreckend sind – im Sinne des allgemeinen Effektivitätsgrundsatzes der EU-Rechtsdurchsetzung. Ein möglicher Ansatz, wie ihn das deutsche Recht aus dem Datenschutzrecht kennt, wäre die Verknüpfung der Sanktionen des AI-Acts mit den Regelungen des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in der Form:

  • § 9 OWiG erweitert den möglichen Täterkreis über die eigentlichen Unternehmensinhaber hinaus auf vertretungsberechtigte Organe juristischer Personen, etwa von GmbHs.
  • § 130 OWiG sieht eine Verantwortlichkeit dieser Organe vor, wenn in ihrem Unternehmen Pflichtverstöße begangen werden, die dem Unternehmen als solchem auferlegt sind.
  • § 30 OWiG ermöglicht es schließlich, bei solchen unternehmensbezogenen Delikten Bußgelder direkt gegen das Unternehmen zu verhängen.

Allerdings ist dies an die Bedingung geknüpft, dass einer Leitungsperson eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit nachgewiesen werden kann. Erst dann kann gegen das Unternehmen selbst ein Bußgeld verhängt werden.

Sonderregelungen für KMUs und Start-ups

Der AI-Act möchte die besondere Situation von kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) sowie Start-ups berücksichtigen, indem er für diese Gruppen reduzierte Bußgeldhöhen vorsieht. Dies soll verhindern, dass hohe Bußgelder junge Unternehmen unverhältnismäßig hart treffen und deren wirtschaftliche Existenz gefährden. Diese Erleichterung soll KMUs und Start-ups motivieren, die erforderlichen -Maßnahmen zu ergreifen, ohne von den hohen Anforderungen der Verordnung überfordert zu werden.

Bußgelder im AI-Act: Ein Überblick über das Sanktionsregime der KI-VO - Rechtsanwalt Ferner

Bußgelder sind das Mittel der Wahl, wenn es um die Disziplinierung von Anbietern geht: Der Gesetzgeber hat hier Regulation und Einnahmequelle zugleich in der Hand. Man sollte davon ausgehen, dass ausgiebing davon Gebrauch gemacht wird.

Fazit

Das Bußgeldregime des AI-Acts ist ein zentrales Instrument, um die Einhaltung der neuen Vorschriften zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz zu gewährleisten. Die Umsetzung in den Mitgliedstaaten ermöglicht es, die Sanktionsmaßnahmen flexibel an nationale Gegebenheiten anzupassen und zusätzliche Maßnahmen wie Verwarnungen oder Sanktionen ohne Geldbezug zu ergreifen.

Für Unternehmen, die KI-Systeme entwickeln oder nutzen, ist es daher unerlässlich, sich umfassend über die Vorgaben des AI-Acts und die entsprechenden nationalen Regelungen zu informieren und Compliance-Maßnahmen zu ergreifen, um finanzielle und rechtliche Risiken zu minimieren.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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