Der Bundesgerichtshof (VI ZR 10/11) hat sich mit der Haftungsquote bei einem Verkehrsunfall beschäftigt, bei dem der Geschädigte nicht angeschnallt war. Der BGH hat dabei klar gestellt, dass eine Mithaftung für den entstandenen Schaden (die Körperverletzung) zwar in Frage kommt, dies aber nur dann, wenn die konkreten Verletzungen durch ein Anschnallen überhaupt verhindert worden wären und eine Anschnallpflicht überhaupt bestand! Es ist also immer im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob das Anschnallen überhaupt die Verletzungen (bzw. einen Teil davon) verhindert hätte.
Im hier entschiedenen Fall ging es um einen „Zweitunfall“, das heisst es kam zu einem Unfall auf Grund dessen ein PKW am Strassenrand stand. Auf diesen PKW fuhr sodann ein weiteres Fahrzeug auf. Hier erkannte der BGH – anders als die Vorinstanzen! – keine Mithaftung, denn: Der Fahrzeugführer sollte nicht nur, sondern muss sogar sein liegen gebliebenes Fahrzeug nach einem Unfall verlassen (§34 I Nr.2 StVO), um die Unfallstelle zu sichern. Das ist mit einer Anschnallpflicht schwerlich zu vereinbaren.
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