Urheberrecht: Rechteinhaberschaft genau prüfen (hier: Lizenzanalogie beim Filesharing)

Die Gegenwehr bei einer Erhobenen nach einer Filesharing- ist inzwischen durchaus sehr erfolgversprechend. Dabei zeigt sich (nicht nur) in meinen Verfahren immer wieder, dass man gar nicht lange über oder Täterschaft diskutieren muss, weil mancher Gegner nicht sauber seine Rechteinhaberschaft nachweisen kann, also dass er überhaupt die richtigen Rechte erworben hat. Das führt zwar nicht zwingend zu einem Wegfall des Unterlassungsanspruchs, aber eben zum Wegfall des Lizenzschadensersatzes.

Eine aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg (36a C 202/13) zeigt eindrücklich, wie wichtig es ist, hier genau hinzusehen und prozessual zu agieren.

Aus der Entscheidung:

Hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 97 Abs. 2 UrhG ist die Klägerin nicht aktivlegitimiert, denn die Zedentin war nicht Inhaberin des in Rede stehenden Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG (im Ergebnis ebenso Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 07.02.2014, Az. 9 C 103/13). Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die Einrede der auch insoweit durchgreift, ob also auch der Anspruch gemäß § 97 Abs. 2 UrhG in regelmäßiger Dreijahresfrist verjährt (so AG Kassel, 24.07.2014, Az. 410 C 625/14 – zitiert nach juris, dort Rn. 21 f.) oder ob gemäß §§ 102 S. 2 UrhG, 852 S. 2 BGB auch für den Schadensersatzanspruch wegen unerlaubten öffentlichen Zugänglichmachens eines Werks in einer Dateitauschbörse eine zehnjährige Verjährungsfrist gilt.
Um für einen Schadensersatzanspruch wegen Urheberrechtsverletzung aktivlegitimiert zu sein, bedarf es einer Verletzung in eigenen Rechten. Die Aktivlegitimation gemäß § 97 Abs. 2 UrhG reicht nur so weit, wie die räumlichen, sachlichen und zeitlichen ausschließlichen Nutzungsbefugnisse reichen (Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 97 Rn. 19).

Letztlich folgt dieses Ergebnis auch daraus, dass die Zedentin, weil sie nicht Inhaberin des in Rede stehenden Rechtes ist, auch keine entsprechende (Weiter-) Lizenzierung vornehmen könnte. Es fehlt damit an einer wesentlichen Voraussetzung für die Annahme eines fiktiven Lizenzvertrages, auf Grundlage dessen ein fiktiver, lizenzanaloger Schadensersatzanspruch bestehen könnte. Auf die abstrakten (normativen) Berechnungsmethoden aus § 97 Abs. 2 Sätze 2 und 3 UrhG kann sich die Klägerin bezüglich des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung daher nicht berufen. Zur Gewinnherausgabe hat der BGH ausgeführt: „unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes kann der Verletzte immer nur denjenigen Gewinn beanspruchen, der auf der unbefugten Benutzung seines geschützten Gutes beruht“ (BGH Urteil v. 10.07.1986, NJW-RR 1987, 181, 183 – Videolizenzvertrag). Gleiches muss für die gelten.

Die sachliche Nutzungsbefugnis (Video- und DVD-Rechte) der Zedentin ist hier nicht betroffen. Bei dem von der Klägerin erhobenen Tatvorwurf handelt es sich um eine Verletzung des Rechts auf öffentliche Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG. Dieses steht der Zedentin aber nicht zu. Es kommt demgegenüber nicht darauf an, ob die Zedentin oder die Klägerin durch das Filesharing wirtschaftlich beeinträchtigt wird, was durchaus naheliegt. Das mag einen rechtfertigen, und die gesamte von der Klägerin dazu zitierte Rechtsprechung befasst sich auch nur mit der Frage, ob in den dort zu beurteilenden Konstellationen ein Unterlassungsanspruch besteht oder nicht. Aber die Klägerin kann oder will offenbar nicht zwischen dem Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 UrhG und dem Schadensersatzanspruch gemäß § 97 Abs. 2 UrhG unterscheiden.

Die Klägerin trägt zwar vor, auch im Hinblick auf das hier in Rede stehende Recht gemäß § 19a UrhG nutzungs- und auswertungsberechtigt zu sein. Das deckt sich aber nicht mit dem als Anlage K5 eingereichten Lizenzvertrag. Denn danach sind der Klägerin lediglich Video- und DVD-Rechte übertragen worden, Internetrechte jedoch ausdrücklich gerade nicht. Anders ist die Vereinbarung „Internet Rights are excluded and stay solely with Licensor“ (auf Deutsch: „Internetrechte sind nicht umfasst und bleiben ausschließlich beim Lizenzgeber“) nicht zu verstehen. Das gilt schon angesichts der Eindeutigkeit der Vereinbarung unabhängig davon, ob dieser Vertag nach deutschem oder kalifornischem Recht zu beurteilen ist. Angesichts dieser eindeutigen Regelung kann sich die Klägerin auch nicht auf die Klausel „Download but no TV“ berufen. Diese Regelung ist schon sprachlich und damit auch inhaltlich unklar. Angesichts dessen und in Ansehung des urheberrechtlichen Grundsatzes, dass im Zweifel Rechte nicht übertragen sind, vermag diese Klausel den direkt darauf folgenden, soeben zitierten Satz nicht einzuschränken.

In Anbetracht dessen vermag das Gericht auch in Ansehung der Kommentierung bei Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 31 Rn. 46 zur „Online-Nutzung“ nicht zu erkennen, dass übertragung aufgrund der umfassten Rechte für „VOD“ (Video on Demand) auch für das Recht gemäß § 19a UrhG gelten soll. Zudem wird Video on Demand sowohl über das Internet, also online, als auch über das Fernsehen angeboten. Dabei dürfte es sich um zwei unterschiedliche Arten der Auswertung handeln.

Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, die Verwertung in dezentralen Computernetzwerken (P2P-Netzwerken) stelle keine eigenständige Nutzungsart im Sinne von § 31 UrhG dar, denn es geht hier generell um das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG und nicht nur die Nutzung in P2P-Netzwerken. Im Übrigen hat LG Landgericht Hamburg mit Urteil vom 21.01.2009 (Az. 308 O 603/08) entschieden, dass diese Art der Auswertung durchaus eine eigenständige Nutzungsart darstellt.
Letztlich würde sich an diesem Ergebnis auch dann nichts ändern, wenn der Zedentin die vollständigen (unbeschränkten) Rechte an der synchronisierten deutschen Fassung des Films zustünden, was ausdrücklich offenbleiben kann. Die Argumentation der Klägerin liefe darauf hinaus, dass der Lizenzgeberin und Produzentin der Originalfassung an der synchronisierten Fassung des Films keinerlei Rechte mehr zustünden. Ein so weitgehender Rechteverlust ist aber von der Produzentin nicht gewollt gewesen und lässt sich auch auf den Vertrag gemäß Anlage K5 nicht stützen. Im Gegenteil ist dem in Anlage K5 abgebildeten Vertrag nach dem oben Gesagten zu entnehmen, dass die Zedentin gegenüber der Produzentin nicht zu einer öffentlichen Zugänglichmachung berechtigt ist, so dass ihr auch entsprechende Lizenzeinnahmen nicht zustünden. Das gilt dann auch für die synchronisierte Fassung. F

Folglich könnte die Zedentin auch angesichts der Synchronisation keinen lizenzanalogen Schaden geltend machen, denn sie erleidet insofern keine Einbuße. Es kann deswegen dahinstehen, ob die Klägerin berechtigt war, den Film synchronisieren zu lassen, und ob dies überhaupt tatsächlich geschehen ist. Dazu hat die Klägerin im Übrigen nach Bestreiten des Beklagten nichts Konkretes vorgetragen. Aus dem Vertrag gemäß Anlage K5 folgt jedenfalls ebenso wenig eine Berechtigung der Zedentin, eine deutschsprachige Synchronfassung herzustellen, wie aus Anlage K7 die tatsächliche Durchführung der Synchronisierung, worauf der Beklagte zu Recht hinweist.

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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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