Sirius Report 2023

In der heutigen digital vernetzten Welt ist der Zugang zu elektronischen Beweismitteln entscheidend für die Strafverfolgung. Der Sirius Report gibt dazu fortlaufend Einblicke in die grenzüberschreitende Erhebung von Daten durch Ermittler.

Sirius Report

Der Ende 2023 veröffentlichte SIRIUS EU Electronic Evidence Situation Report 2023, herausgegeben von Europol und Eurojust, beleuchtet die aktuellen Herausforderungen und Fortschritte im Bereich der grenzüberschreitenden Ermittlungen innerhalb der Europäischen Union. Im Folgenden gehe ich auf die wichtigsten Erkenntnisse und statistischen Daten dieses Reports ein.

1. Die Rolle digitaler Beweismittel in Strafverfahren

Die Nutzung digitaler Daten hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Plattformen wie soziale Netzwerke, Messaging-Apps und Kryptowährungsbörsen spielen eine zentrale Rolle bei der Aufklärung von Straftaten. Der Report zeigt, dass insbesondere Verbindungsdaten (z.B. IP-Adressen und Verbindungsprotokolle) sowie Abonnentendaten (z.B. Namen und Adressen) zu den am häufigsten angeforderten Informationen gehören. Diese Daten sind oft die ersten Schritte, um in einer Ermittlung voranzukommen und den Täter zu identifizieren.

2. Herausforderungen bei der Beschaffung digitaler Beweismittel

Trotz der Bedeutung elektronischer Beweismittel gibt es zahlreiche Herausforderungen bei der Beschaffung dieser Daten. Ein zentrales Problem ist der langwierige Prozess der internationalen Rechtshilfe (MLA). Viele Ermittler berichten, dass dieser Prozess zu Verzögerungen führt, die dazu führen können, dass entscheidende Daten verloren gehen. Dies hat dazu geführt, dass freiwillige Kooperationen mit Dienstanbietern oft bevorzugt werden, obwohl auch hier Rechtsunsicherheiten bestehen.

3. Das neue EU-Gesetzespaket zu elektronischen Beweismitteln

Eine der bedeutendsten Entwicklungen im Jahr 2023 war die Verabschiedung des neuen EU-Gesetzespakets zu elektronischen Beweismitteln. Dieses Paket, bestehend aus einer Verordnung und einer , wird ab 2026 gelten und ermöglicht es den Strafverfolgungsbehörden, rechtsverbindliche Anordnungen direkt an Dienstanbieter in der EU zu richten, unabhängig von deren Sitz. Diese neuen Instrumente sollen den Zugang zu elektronischen Beweismitteln beschleunigen und rechtliche Unsicherheiten beseitigen.

4. Perspektiven der Strafverfolgung und Justizbehörden

Interessanterweise zeigt der Report, dass nur 7 % der befragten Polizeibeamten sehr vertraut mit dem neuen Gesetzespaket sind. Gleichzeitig sehen viele Justizbehörden die neuen Regeln als einen Schritt in die richtige Richtung, um die Zusammenarbeit im digitalen Raum zu verbessern. Der Bericht hebt auch hervor, dass es weiterhin notwendig ist, die Kapazitäten der Justizbehörden im Umgang mit elektronischen Beweismitteln zu stärken, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Gesetzesänderungen.

5. Herausforderungen und Perspektiven für Dienstanbieter

Auch für Dienstanbieter stellt das neue Gesetzespaket eine Herausforderung dar. Während einige die neue Rechtsklarheit begrüßen, gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Ressourcen, die zur Einhaltung der neuen Anforderungen notwendig sind. Unklar ist zudem, ob die Praxis der freiwilligen Kooperation nach 2026 noch fortgesetzt wird.


Herausforderungen im Umgang mit Dienstanbietern

Der Umgang mit Dienstanbietern bei der Beschaffung digitaler Beweismittel stellt für Strafverfolgungsbehörden und Justizsysteme innerhalb der EU weiterhin eine erhebliche Herausforderung dar. Der SIRIUS EU Electronic Evidence Situation Report 2023 beleuchtet diese Problematik und gibt einen detaillierten Einblick in die häufigsten Hindernisse, die relevanten Datentypen und die primären Datenquellen, die in strafrechtlichen Ermittlungen von Bedeutung sind.

1. Die größten Herausforderungen im Umgang mit Dienstanbietern

Eines der zentralen Themen im Umgang mit Dienstanbietern ist die fehlende Standardisierung der Anfragen und Prozesse. Dies führt oft zu Verwirrung und Verzögerungen bei der Bearbeitung von Anfragen. Der Report hebt hervor, dass die unterschiedlichen Richtlinien und Verfahren der Anbieter, kombiniert mit der Notwendigkeit, internationale Gesetze und die rechtlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Länder zu berücksichtigen, die Effizienz erheblich beeinträchtigen.

Zudem gibt es Bedenken hinsichtlich der rechtlichen Unsicherheiten bei der freiwilligen Kooperation mit Dienstanbietern. Diese Form der Zusammenarbeit, obwohl weit verbreitet, ist nicht immer durch klare gesetzliche Regelungen gestützt, was zu Unsicherheiten bei der Beweiserhebung und der anschließenden gerichtlichen Verwertbarkeit führen kann. Auch die lange Dauer von Rechtshilfeverfahren (MLA) bleibt eine erhebliche Hürde, die dazu führt, dass Daten manchmal nicht rechtzeitig gesichert werden können.

2. Am häufigsten abgefragte Datenarten

Laut dem Report sind die am häufigsten abgefragten Daten von entscheidender Bedeutung für die Aufklärung und Verfolgung von Straftaten. Die drei wichtigsten Datentypen, die von Strafverfolgungsbehörden angefordert werden, sind:

  • Verbindungsdaten (Connection Logs): Diese beinhalten Informationen wie Datum, Uhrzeit und bei der Nutzung eines Onlinedienstes. Diese Daten sind unerlässlich, um die Aktivitäten einer Person im Netz nachzuverfolgen und Verbindungen zwischen verschiedenen Vorfällen herzustellen.
  • IP-Adressen bei der Registrierung: Die IP-Adresse, die bei der ersten Registrierung eines Nutzers für einen Dienst verwendet wurde, ist oft der Schlüssel zur Identifizierung des Nutzers.
  • Abonnentendaten (Subscriber Information): Hierzu zählen Name, Adresse, E-Mail und Telefonnummer des Nutzers. Diese Daten sind oft die ersten, die abgefragt werden, um die Identität eines Verdächtigen zu bestätigen.

3. Die wichtigsten Datenquellen

In Bezug auf die Quellen dieser Daten zeigt der Report, dass bestimmte Dienstarten besonders häufig in strafrechtlichen Ermittlungen eine Rolle spielen. Zu den am häufigsten betroffenen Datenquellen gehören:

  • Soziale Netzwerke: Plattformen wie Facebook, Instagram und ähnliche soziale Medien sind oft zentrale Punkte in Ermittlungen, da sie umfangreiche persönliche Daten und Kommunikationsverläufe ihrer Nutzer speichern.
  • Messaging-Apps: Anwendungen wie , Telegram und andere verschlüsselte Nachrichtendienste sind wertvolle Quellen für die Nachverfolgung von Kommunikation zwischen Verdächtigen.
  • Kryptowährungsbörsen: Angesichts der zunehmenden Nutzung von Kryptowährungen für illegale Aktivitäten wie Geldwäsche, sind Börsen wie Binance oder Coinbase häufig Ziel von Datenanfragen durch Strafverfolgungsbehörden.

Der Report hebt zudem hervor, dass trotz der Relevanz dieser Datenquellen neue Technologien wie Künstliche Intelligenz, Smart Cars und Metaverse-Plattformen auf dem Vormarsch sind und zukünftig ebenfalls von Bedeutung sein könnten. Die Ermittlungsbehörden beobachten diese Entwicklungen genau, da sie sowohl Chancen als auch neue Herausforderungen darstellen könnten.


Zukunft der digitalen Beweismittel

Der SIRIUS EU Electronic Evidence Situation Report 2023 bietet einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand und die zukünftigen Herausforderungen im Umgang mit digitalen Beweismitteln in der EU. Die Implementierung des neuen Gesetzespakets wird zweifellos tiefgreifende Auswirkungen auf die Praxis der Strafverfolgung haben.

Die Zusammenarbeit mit Dienstanbietern bleibt ein komplexer und oft herausfordernder Prozess. Der Report unterstreicht die Notwendigkeit klarer gesetzlicher Regelungen und standardisierter Prozesse, um die Effizienz und Rechtssicherheit bei der Beschaffung digitaler Beweismittel zu erhöhen. Gleichzeitig zeigt der Report, dass bestimmte Datentypen und Quellen in der Praxis von besonderer Bedeutung sind und auch in Zukunft eine zentrale Rolle spielen werden.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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