Pflichtverletzung im Sinne des Untreuetatbestandes des § 266 StGB bei der Kreditvergabe

Für die Pflichtverletzung im Sinne des Untreuetatbestandes des § 266 StGB bei der Kreditvergabe ist mit dem (1 StR 185/01) entscheidend, ob die Entscheidungsträger bei der Kreditvergabe ihre banküblichen Informations- und Prüfungspflichten hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers in schwerwiegender Weise verletzt haben.

Anhaltspunkte dafür, dass der banküblichen Informations- und Prüfungspflicht nicht hinreichend nachgekommen wurde, können sich aus der Verletzung der in § 18 Satz 1 KWG normierten Pflicht ergeben, nach der Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu fragen. Der BGH führt damit seine bisherige Rechtsprechung fort.

So führt der BGH aus:

Soweit die Angeklagten an den Kreditvergabeentscheidungen beteiligt waren, beurteilt sich ihre Strafbarkeit nach dem Mißbrauchstatbestand des § 266 StGB. Als Vorstandsmitglieder bzw. (…) als Verhinderungsvertreter (vgl. dazu die Mitteilung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen Nr. 2/63 vom 28. Oktober 1963) hatten sie die Befugnis, über das Vermögen der Sparkasse zu verfügen.

Soweit sie in Ausübung dieser Rechtsmacht Kredite vergeben haben, kommt es darauf an, ob sie sich über die ihnen dabei im Innenverhältnis gezogenen Schranken hinwegsetzten. Ein Mißbrauch ihrer Befugnisse liegt dann vor, wenn sie dabei die Grenzen ihres rechtlichen Dürfens überschritten. Daß der Kreditausschuß der Sparkasse dabei in Kenntnis aller Umstände der Kreditvergabe zugestimmt hat, ändert an der Pflichtwidrigkeit nichts.

Da keine Verstöße gegen Kreditbewilligungsgrenzen und anderweitige rechtlich normierte Kompetenzbegrenzungen festgestellt sind, kommt es für die Grenzen des rechtlichen Dürfens allein darauf an, ob die Angeklagten ihrer Prüfungs- und Informationspflicht bezüglich der Vermögensverhältnisse der Kreditnehmer ausreichend nachgekommen sind.

Wie der Senat in seinem Urteil vom 6. April 2000 (BGHSt 46, 30) ausgeführt hat, sind bei einer Kreditvergabe – die ihrer Natur nach mit einem Risiko behaftet ist – die Risiken gegen die sich daraus ergebenden Chancen auf der Grundlage umfassender Information abzuwägen. Ist diese Abwägung
sorgfältig vorgenommen worden, kann eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB nicht deshalb angenommen werden, weil das Engagement später notleidend wird. Der Senat hat weiter ausgeführt, daß sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daß die Risikoprüfung nicht ausreichend vorgenommen wurde, insbesondere daraus ergeben, daß die Informationspflichten
vernachlässigt wurden.

Es entspricht anerkannten bankkaufmännischen Grundsätzen, Kredite nur nach umfassender und sorgfältiger Bonitätsprüfung zu gewähren. Für die Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB ist indessen maßgebend, ob die
Entscheidungsträger bei der Kreditvergabe ihre bankübliche Informations- und Prüfungspflicht bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers g r a v i e r end verletzt haben.

Aus der Verletzung der in § 18 Satz 1 KWG normierten Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse können sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der banküblichen Informations- und Prüfungspflicht nicht ausreichend Genüge getan wurde.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
Benutzerbild von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht und anspruchsvolles IT-Recht / Technologierecht - ergänzt um Arbeitsrecht.