OWIG: Inhaltliche Anforderungen an Bußgeldbescheid

Das Oberlandesgericht Hamm, 5 RBs 152/22, konnte im Ordnungswidrigkeitenrecht
hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an die Tatbeschreibung in einem Bußgeldbescheid (hier: wegen einer Nichtverkehrsordnungswirigkeit) festhalten, dass hier zwar keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind – aber zumindest verständlich sein muss, worum es geht.

Inhalt eines Bußgeldbescheids

Entsprechend der Vorgabe aus § 66 Abs. 1 Nr. 3 OWiG muss der Bußgeldbescheid „die Bezeichnung der Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit und die angewendeten Bußgeld vor Schriften“ enthalten. Das entspricht formal den Anforderungen, die an die Anklageschrift und an den gestellt werden, dem der Bußgeldbescheid nachgebildet worden ist.

Der Bußgeldbescheid erfüllt auch dieselben Aufgaben:

  • Er enthält wie der Strafbefehl die Beschuldigung, die den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens – im Falle der Einspruchseinlegung, wie die Anklageschrift, auch den Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens – in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht abgrenzt und mithin auch den Umfang der Rechtskraft (§ 84 OWiG) bestimmt.
  • Außerdem soll er dem Betroffenen ein Bild von der Berechtigung des gegen ihn erhobenen Vorwurfes verschaffen, damit der Betroffene wie beim Strafbefehl prüfen kann, ob er Einspruch einlegen und wie er für diesen Fall – das gilt wiederum auch für die Anklageschrift – seine Verteidigung in der vorbereiten soll.

Deshalb genügt zur Bezeichnung der „Tat“ in § 66 Abs. 1 Nr. 3 OWiG die Angabe der allgemeinen („abstrakten“) gesetzlichen Tatbestandsmerkmale nicht. Vielmehr ist der Sachverhalt, in dem die Verwaltungsbehörde den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erblickt, unter Anführung der Tatsachen, die die einzelnen Tatbestandsmerkmale erfüllen, als geschichtlicher Lebensvorgang so konkret zu schildern, dass dem Betroffenen erkennbar wird, welches Tun oder Unterlassen Gegenstand der Ahndung sein soll und gegen welchen Vorwurf er sich daher verteidigen muss:

Der Umfang der Tatschilderung wird maßgeblich von der Gestaltung des Einzelfalls und der Art der verletzten Vorschrift bestimmt. Da das Bußgeldverfahren eine schnelle und Verwaltungskosten einsparende Ahndung der Ordnungswidrigkeiten bezweckt, verbieten sich überhöhte Anforderungen an die Schilderung von selbst; auch ein in Rechtsfragen unerfahrener Bürger muss jedoch den Vorwurf verstehen können (vgl. nur: OLG Hamm, Beschl. v. 16.09.2021 – III-4 RBs 277/21 – juris).

Wesentlich für den Bußgeldbescheid als Prozessvoraussetzung ist seine Aufgabe, den Tatvorwurf in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht von anderen denkbaren Tatvorwürfen abzugrenzen. Diese Aufgabe erfüllt er in sachlicher Hinsicht, wenn nach seinem Inhalt kein Zweifel über die Identität der Tat entstehen kann, wenn also zweifelsfrei feststeht, welcher Lebensvorgang erfasst und geahndet werden soll. Mängel in dieser Richtung lassen sich weder mit Hilfe anderer Erkenntnisquellen, etwa dem Akteninhalt im Übrigen, ergänzen noch nachträglich, etwa durch Hinweise in der Hauptverhandlung, „heilen“.

Der Bußgeldbescheid erwächst, sofern er nicht angefochten wird, in Rechtskraft. Er muss daher auch selbst die für seine Wirksamkeit notwendigen Voraussetzungen erfüllen, d.h. die Gefahr einer Verwechslung mit einer möglichen gleichartigen Ordnungswidrigkeit desselben Betroffenen ausschließen (BGH NJW 1970, 2222; OLG Bamberg, Beschl. v. 18.11.2015 – 3 Ss OWi 1218/15 – juris; OLG Hamm a.a.O.; OLG Hamm, Beschluss v. 13.01.2022 – 5 RBs 278/21; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.01.2020 – 1 Rb 21 Ss 967/19 – juris, jew. m.w.N.).

Oberlandesgericht Hamm, 5 RBs 152/22
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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