Organisierte Kriminalität in Deutschland: Erkenntnisse, Herausforderungen und Ausblick

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat im Bundeslagebild 2023 zur Organisierten Kriminalität (OK) eine umfassende Analyse der aktuellen Situation in Deutschland vorgelegt. Die Zahlen zeigen, dass die OK weiterhin eine ernstzunehmende für die öffentliche Sicherheit und die wirtschaftliche Stabilität darstellt. Das Lagebild bietet einen detaillierten Einblick in die Strukturen, Aktivitäten und finanziellen Auswirkungen krimineller Netzwerke und betont dabei die zunehmende Komplexität und Internationalität der OK-Gruppierungen.

Wichtige Erkenntnisse und aktuelle Entwicklungen

  1. Anstieg der und hohe Schäden: Im Jahr 2023 wurden 642 OK-Verfahren geführt, was einem leichten Anstieg im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die finanziellen Schäden durch OK-Aktivitäten belaufen sich auf etwa 2,7 Milliarden Euro, was eine Verdopplung im Vergleich zu 2022 darstellt. Besonders hohe Schäden sind im Bereich Cybercrime und bei Steuer- und Zolldelikten zu verzeichnen.
  2. Bedeutende Rolle der Gewalt und der Bewaffnung: Gewalt bleibt ein integraler Bestandteil der OK. In 35 % der OK-Verfahren spielte die Anwendung von Gewalt eine Rolle, und 343 Tatverdächtige waren nachweislich bewaffnet. Die Verfügbarkeit von Schusswaffen erhöht das Eskalationspotenzial erheblich und stellt eine große Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.
  3. Herausforderungen durch kryptierte Kommunikation: Etwa 24 % der OK-Verfahren sind mit der Nutzung kryptierter Kommunikation verbunden. Die zunehmende Nutzung von Verschlüsselungstechnologien durch kriminelle Netzwerke erschwert die Ermittlungen erheblich und stellt eine große Herausforderung für die Strafverfolgungsbehörden dar.
  4. Hoher Grad an Internationalität: Zwei Drittel der OK-Verfahren weisen internationale Bezüge auf, sei es durch die Tatbegehung im Ausland oder die Kooperation mit ausländischen OK-Gruppierungen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer engen internationalen Zusammenarbeit zur Bekämpfung der OK.
  5. Geldwäsche und finanzielle Aspekte: In 33 % der OK-Verfahren wurden Geldwäscheaktivitäten festgestellt. Die kriminellen Erträge belaufen sich auf rund eine Milliarde Euro, während nur etwa 83 Millionen Euro durch Vermögenssicherungen vorläufig gesichert werden konnten. Dies zeigt die Schwierigkeiten bei der Aufdeckung und krimineller Vermögenswerte.
  6. Einsatz von Insiderwissen und Einflussnahme: Erstmalig erfasst wurden gezielte Einflussnahmen durch OK-Gruppierungen auf Personen außerhalb der kriminellen Strukturen. In 97 Verfahren konnte der Einsatz von Insidern nachgewiesen werden, die durch ihre Positionen in staatlichen oder wirtschaftlichen Bereichen kriminelle Aktivitäten unterstützten. Diese Form der Unterwanderung stellt eine direkte Bedrohung für staatliche und gesellschaftliche Strukturen dar.

Ausblick und Handlungsempfehlungen

Die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität erfordert verstärkte Anstrengungen auf nationaler und internationaler Ebene. Insbesondere die folgenden Maßnahmen sind notwendig, um den Herausforderungen zu begegnen:

  • Erweiterung der internationalen Zusammenarbeit: Die globale Natur der OK verlangt eine verstärkte Kooperation zwischen den Strafverfolgungsbehörden verschiedener Länder. Der Austausch von Informationen und die Durchführung gemeinsamer Ermittlungen sind entscheidend, um kriminelle Netzwerke effektiv zu bekämpfen.
  • Stärkung der Cyber- und Finanzermittlungen: Angesichts der zunehmenden Nutzung kryptierter Kommunikation und komplexer Finanztransaktionen müssen die Kapazitäten der Strafverfolgungsbehörden in den Bereichen Cybercrime und Finanzermittlungen ausgebaut werden. Der Einsatz moderner Technologien und spezialisierter Teams kann hier entscheidende Fortschritte bringen.
  • Verbesserte Präventionsmaßnahmen: Neben der Verfolgung von Straftaten sollten auch präventive Maßnahmen verstärkt werden. Dazu gehört die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Methoden der OK, die Schaffung von Anreizen zur Meldung verdächtiger Aktivitäten und der Schutz potenzieller Insider vor Einflussnahme.
  • Gezielte Bekämpfung der Geldwäsche: Um den finanziellen Nährboden der OK zu entziehen, ist eine effektive Bekämpfung der Geldwäsche unabdingbar. Hierzu sind sowohl verschärfte gesetzliche Regelungen als auch eine verbesserte Kooperation mit dem Finanzsektor notwendig.

Ausblick

Das Bundeslagebild 2023 verdeutlicht die anhaltend hohe Bedrohung durch in Deutschland. Die OK-Gruppierungen agieren zunehmend professioneller, nutzen moderne Technologien und internationale Netzwerke, um ihre kriminellen Ziele zu erreichen. Die Bekämpfung dieser Strukturen erfordert nicht nur entschlossene und gut ausgestattete Strafverfolgungsbehörden, sondern auch eine enge Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg. Nur so kann die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet und der wirtschaftliche Schaden durch die OK minimiert werden.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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