Hausdurchsuchung: Wann ist Durchsuchung bei Straßenverkehrsdelikt erlaubt?
Der schwerwiegende Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung durch eine Durchsuchung muss nur hingenommen werden, wenn diese mit Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck Erfolg versprechend ist.
Urteil BVerfG, 2 BvR 1467/04
Diese wichtige Klarstellung nahm jetzt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor. In dem betreffenden Fall wurde gegen einen Autofahrer wegen des Verdachts der Nötigung im Straßenverkehr und der Sachbeschädigung ermittelt. Der Fahrer benannte einen Zeugen für eine Alibibehauptung. In der Hauptverhandlung bekundeten der durch die Tat Geschädigte und dessen Vater, nicht der Autofahrer, sondern der Zeuge sei der Täter. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin gegen den Zeugen ein Ermittlungsverfahren ein. Das Amtsgericht ordnete ca. 16 Monate nach der Tat die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Zeugen an. Die Durchsuchung sollte dem Auffinden von Unterlagen dienen, aus denen sich die persönliche Beziehung des Zeugen zu dem betroffenen Autofahrer ergebe, sowie von Hinweisen darauf, ob der Zeuge das Fahrzeug am Tattag geführt habe. Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des Zeugen hatte Erfolg.
\r\n
\r\n
Nach Ansicht des BVerfG würde der Durchsuchungsbeschluss das Grundrecht des Zeugen auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 und 2 GG) verletzen. Zwar reiche der Verdacht einer Nötigung und einer Sachbeschädigung im Straßenverkehr generell aus, eine Wohnungsdurchsuchung zu rechtfertigen. Weder handele es sich bei diesen Delikten um Bagatellkriminalität, noch könne Art. 13 GG entnommen werden, dass allein der Verdacht schwerer Straftaten eine Durchsuchung rechtfertigen könne. Die Anordnung einer Durchsuchung sei aber unverhältnismäßig gewesen. Der schwerwiegende Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung müsse nur hingenommen werden, wenn die Durchsuchung im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck Erfolg versprechend sei. Es sei unerfindlich, welche Beweisgegenstände in einer Wohnung aufzufinden sein sollten, aus denen geschlossen werden könne, dass der Wohnungsinhaber an einem bestimmten, ca. 16 Monate zurückliegenden Tag das Fahrzeug eines anderen geführt haben könne. Über ein solches Ereignis würden üblicherweise keine Aufzeichnungen geführt, noch würden andere Beweiszeichen darauf hindeuten. Selbst die enge Bekanntschaft zwischen Wohnungsinhaber und Fahrzeughalter, für die eventuell Beweisgegenstände in einer Wohnung gefunden werden könnten, weise nicht auf die Fahrzeugbenutzung an einem bestimmten Tag hin. Sollten Besonderheiten in Frage gekommen sein, hätte das Amtsgericht sie benennen müssen, um die Suche auf bestimmte Gegenstände zu konzentrieren.
Letzte Artikel von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht) (Alle anzeigen)
- Rückzug aus der Cloud: Kosten, Herausforderungen und rechtliche Aspekte der Re-Migration - 2. November 2024
- Schlag gegen die Plattformen „Flight RCS“ und „Dstat.CC“. - 2. November 2024
- Sophos‘ „Pacific Rim“-Bericht zu chinesischen Cyberangriffsstrategien - 2. November 2024