Durch Zufall bin ich nochmals über die ältere Entscheidung des AG Mainz (2050 Js 16878/07) gestolpert, die in der Quintessenz nichts überraschendes feststellt, aber gleichwohl einigen gut tun wird: Eine Strafbarkeit des Anschlussinhabers ist nicht zwingend. Vielmehr ist der Anschlussinhaber freizusprechen, wenn nicht zweifelsfrei feststeht, dass er Täter der Urheberrechtsverletzung ist.
Hintergrund ist der Zweifelsgrundsatz im Strafrecht, der im Zweifelsfall für den Angeklagten spricht, während im Zivilrecht das Gericht sehr frei ist in seiner Beweiswürdigung. Da zudem das Bereithalten eines Internetanschlusses für sich noch keine Straftat begründet, stellt sich die Situation im Gerichtssaal recht schwierig dar aus Sicht der Anklage: Für eine unmittelbare Rechtsverletzung muss man nachweisen, dass der Anschlussinhaber der Täter war, was recht schwierig werden wird, da heute neben der Familie auch häufig Freunden der Zugriff auf das Netzwerk gewährt wird. Für alle anderen „aktiven“ Tatmodelle hinsichtlich des Anschlussinhabers, wie etwa Beihilfe oder Anstiftung müsste man gleichwohl des Haupttäters habhaft geworden sein (dies schon aus Beweisgründen), der ja gerade fehlt. Und eine Unterlassungsstrafbarkeit? Die würde eine Garantenpflicht gegenüber dem Geschädigten voraussetzen, die weiter geht als der einfache Vorwurf im Zivilrecht, seinen Prüf- und Belehrungspflichten nicht genügt zu haben. Da es eine fahrlässige Strafbarkeit in dem Bereich nicht gibt, verbleibt nur eines: Freispruch. Oder schlicht das Absehen von der Anklage.
Hinweis: Rechtsanwalt Jens Ferner ist als Strafverteidiger und IT-Rechtler im Bereich des Urheberstrafrechts aktiv, dabei auch im Bereich der gewerbsmäßigen Verletzung von Urheberrechten auch im Rahmen von durch die GVU angestrengten Strafverfahren.
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