Die dunkle Seite der digitalen Kontrolle: Warum ein Überwachungsstaat keine Option für eine Demokratie sein darf

Smartphones und digitale Kommunikation bieten einerseits enorme Möglichkeiten, bergen jedoch auch das Potenzial für Missbrauch. Zwei aktuelle Fälle aus Russland und werfen ein erschreckendes Licht auf die Praktiken autoritärer Staaten und zeigen, wie eng die digitale Souveränität und die bürgerlichen Freiheiten miteinander verwoben sind.

Der Fall Kirill Parubets: Ein Beispiel aus Russland

Kirill Parubets, ein russischer Programmierer mit ukrainischer Abstammung, berichtete über seine traumatische Begegnung mit dem russischen Geheimdienst FSB. Während eines Aufenthalts in Russland wurde er verhaftet, misshandelt und gezwungen, den Zugriffscode seines Smartphones preiszugeben. Nach seiner Entlassung bemerkte er verdächtige Aktivitäten auf seinem Gerät, darunter eine unbekannte App, die später als modifizierte Spionagesoftware des Monokle-Typs identifiziert wurde.

Diese Software, die ähnlich wie bekannte Überwachungsprogramme arbeitet, ermöglichte es, persönliche Daten zu extrahieren, Gespräche aufzuzeichnen, und sogar Standortdaten in Echtzeit zu verfolgen. Eine Analyse von Citizen Lab zeigte, dass die Software vermutlich von einer Firma entwickelt wurde, die eng mit der russischen Regierung zusammenarbeitet. Dieser Fall demonstriert, wie physischer Zugriff auf Geräte genutzt wird, um durch Gewalt oder Drohungen den digitalen Widerstand von Individuen zu brechen.

Chinas Überwachungsinstrument: EagleMeSpy

Parallel dazu hat China wohl ähnliche Praktiken etabliert: Laut einem Bericht von Lookout Mobile Security setzen chinesische Behörden die Spionagesoftware „EagleMeSpy“ ein, die gezielt Android-Geräte infiltriert. Auch hier ist physischer Zugriff erforderlich, um das Tool zu installieren, das dann umfassende Daten — von Nachrichten über Standort bis hin zu Netzwerkaktivitäten — sammelt. Beide Fälle verdeutlichen, wie autoritäre Regime Technologie als gegen politische Gegner und vermeintliche Bedrohungen einsetzen.

Überwachungsstaat versus Rechtsstaat

Die Beispiele aus Russland und China zeigen eindrucksvoll, wie eine totale Überwachung grundlegende Menschenrechte untergräbt. Sie unterstreichen, dass ein solcher Umgang mit Technologie in westlichen Demokratien undenkbar sein muss. Ein Staat, der die Freiheiten seiner Bürger achtet, darf Überwachungsmaßnahmen nur unter strengsten Auflagen einsetzen:

  1. Klare gesetzliche Grundlage: Jede Überwachungsmaßnahme muss gesetzlich verankert und transparent geregelt sein.
  2. Unabhängige Kontrolle: Eine kontinuierliche Kontrolle durch unabhängige Gerichte oder Institutionen ist unerlässlich, um Missbrauch zu verhindern.
  3. Verhältnismäßigkeit: Eingriffe dürfen nur in extremen Ausnahmefällen stattfinden und müssen verhältnismäßig sein.

Die Gefahr für die Demokratie

Ein Überwachungsstaat erzeugt eine Kultur der Angst und zerstört das Vertrauen zwischen Staat und Bürgern. Technologie, die für Überwachung missbraucht wird, verwandelt Werkzeuge der Kommunikation in Waffen der Unterdrückung. Das darf in einer Demokratie niemals geschehen.

Stattdessen muss der Fokus auf , technologischem Schutz und einer klaren rechtlichen Begrenzung liegen. Nur so können wir sicherstellen, dass Technologie ein Werkzeug der Freiheit bleibt — und nicht zu einem Instrument der Tyrannei wird.

Staatliches Hacking im Überblick

Zu den bedeutsamsten internationalen Akteuren, die staatliches Hacking betreiben, gehören vor allem staatliche Akteure aus Russland, China und Iran. Diese Länder setzen verschiedene Taktiken ein, um ihre geopolitischen Interessen zu fördern und die Stabilität der europäischen Demokratien zu untergraben.

Neben den im Folgenden benannten Hauptakteuren gibt es auch andere Länder und nichtstaatliche Akteure, die versuchen, Wahlen in Europa zu beeinflussen. Dazu gehören beispielsweise Gruppen, die im Auftrag von Regierungen oder aus eigenem Interesse handeln, um bestimmte politische Agenden voranzutreiben. Diese Akteure nutzen eine Vielzahl von Methoden, darunter Cyberangriffe, Desinformation, wirtschaftlichen Druck und diplomatische Manöver, um ihre Ziele zu erreichen.

Russland

Russland ist bekannt für seine umfangreichen Desinformationskampagnen und Cyberangriffe, die darauf abzielen, das Vertrauen in demokratische Prozesse zu schwächen. Zu den bekanntesten Beispielen gehört die Beeinflussung der US-Wahlen 2016 sowie die Versuche, die Brexit-Abstimmung zu beeinflussen. Russische Akteure nutzen häufig Social-Media-Plattformen, um falsche Informationen zu verbreiten und gesellschaftliche Spaltungen zu vertiefen.

China

China setzt zunehmend auf Cyberangriffe und Desinformationskampagnen, um seinen Einfluss in Europa auszubauen. Chinesische Hackergruppen sind dafür bekannt, Wirtschaftsspionage zu betreiben und sensible Informationen zu stehlen, die dann genutzt werden können, um politische Entscheidungen zu beeinflussen. Zudem versucht China, durch die Verbreitung von pro-chinesischen Narrativen in den Medien die öffentliche Meinung in Europa zu manipulieren.

Iran

Iranische Akteure nutzen ebenfalls Desinformationskampagnen und Cyberangriffe, um ihre geopolitischen Ziele zu verfolgen. Diese Kampagnen zielen oft darauf ab, die Politik der USA und ihrer Verbündeten in Europa zu destabilisieren. Iranische Hackergruppen greifen dabei auf ähnliche Techniken zurück wie ihre russischen und chinesischen Gegenstücke.

Nordkorea

ist ein weiterer internationaler Akteur, der versucht, durch Cyberaktivitäten Einfluss auf Wahlen und politische Prozesse weltweit zu nehmen, einschließlich in Europa. Während Nordkorea im Vergleich zu Russland, China und Iran weniger im Fokus steht, gibt es dennoch bedeutende Aktivitäten, die von nordkoreanischen Akteuren ausgehen. Nordkorea nutzt auch Desinformation, um seine geopolitischen Ziele zu fördern und politische Unruhen zu schüren. Während es weniger dokumentierte Fälle von direkter Wahlbeeinflussung durch Nordkorea gibt, nutzt das Regime dennoch Cyberoperationen, um politischen Druck auszuüben und seine Interessen zu wahren, etwa durch Veröffentlichung von kompromittierenden Informationen über politische Kandidaten oder die Verbreitung von Propaganda.

Fazit

Die Fälle in Russland und China sind Mahnungen. Sie zeigen, wie fragil Freiheit sein kann, wenn Überwachung nicht strikten rechtlichen und ethischen Prinzipien unterworfen ist. Als westliche Demokratien tragen wir die Verantwortung, starke und transparente Kontrollmechanismen zu etablieren und damit sicherzustellen, dass technologische Innovation nicht zur Unterdrückung genutzt wird.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
Letzte Artikel von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht) (Alle anzeigen)

Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht und anspruchsvolles IT-Recht + Kunst & Medien - ergänzt um Arbeitsrecht.