Wie oft kann eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden, wie oft kann man eine Bewährungsstrafe bekommen: Leider passiert es in meinem Beruf nicht selten, dass sich jemand meldet, der bereits eine Freiheitsstrafe ausgesetzt zur Bewährung erhalten hat und nun erneut straffällig wurde. Dann ist die Frage schnell da: Wie oft kann man eine Bewährungsstrafe bekommen?
Allgemeines zur Bewährungsstrafe
Zuerst verweise ich auf meinen Beitrag zur Frage, wann überhaupt eine Bewährung im Raum steht. Diese Frage ist natürlich vorweg zu stellen, wenn ein Strafmaß von über 2 Jahren droht, muss man sich eher um den Widerruf der schon bestehenden Bewährung Gedanken machen als vielmehr (realistisch) um die Möglichkeit weiterer Bewährung. Ebenso muss genau beachtet werden, ob die Bewährungszeit der bisherigen Strafe überhaupt noch läuft. Wenn die Bewährungszeit abgelaufen ist und die Freiheitsstrafe erlassen wurde handelt es sich um einen ganz anderen Sachverhalt.
Wie viele Bewährungen gibt es?
Im Gesetz gibt es keine Obergrenze, es sind also im Ausgangspunkt mehrere Bewährungen denkbar. Aber denken Sie daran, dass die Bewährung mit der Erwartungshaltung verbunden ist, dass keine weiteren Straftaten begehen. Diese Erwartungshaltung wird mit jeder weiteren Straftat natürlich in Frage gestellt und irgendwann geht die Luft aus, wenn man argumentieren möchte, warum eigentlich noch eine Bewährung ausgesprochen werden sollte.
Die zweite Bewährung gibt es (nicht) geschenkt
Leider hält sich hartnäckig der Mythos, eine zweite Bewährung gäbe es quasi geschenkt – dem ist ausdrücklich nicht so. Insbesondere wenn man eine einschlägige Straftat mit enormer Rückfallgeschwindigkeit begangen hat, also etwas ähnliches kurz nach der ersten Verurteilung begangen hat, sollte man sich im Klaren sein, dass ein ganz erhebliches Risiko im Raum steht, keine weitere Bewährung zu erhalten.
Dritte Bewährung? Mehr als drei Bewährungen gibt es auf keinen Fall…
Der nächste Mythos: Dass es keine drei Bewährungen oder gar mehr gibt. In der Tat habe ich bereits mehrfach Bewährungsstrafen erreichen können jenseits der grenze von zwei Bewährungen. Über einen Fall hatte ich dabei auch hier schon gebloggt: Doch – und das will ich hier vermitteln – es kommt auf den Einzelfall an. So wird es bei mir zum Beispiel jenseits der zwei Bewährungen immer dünner, ich habe einige 3. Bewährungen erreicht, ganz, ganz wenig 4. Bewährungen. Und dann habe ich da noch dieses eine Schmankerl.
In einem besonders krassen Fall, der von chaotisch geführten Bewährungsakten, Zuständigkeitsstreitigkeiten der Gerichte und einem „schwierigen“ Mandanten geprägt war, standen auf dem Papier 6 Bewährungen. Und ich war gerade mit ihm vor Gericht mit einer weiteren Tat. In sämtlichen Taten ging es um „Schwarzfahren„, also ein Fahren ohne das Beförderungsentgelt zu zahlen. Und tatsächlich ergab sich hier die sage und schreibe 7. Bewährung. Doch dieser Fall dient gerade dazu, zu unterstreichen, dass es auf den Einzelfall ankommt und man eben nicht damit pokern sollte, ob man eine X.-Bewährung erhält. Denn hier waren die Besonderheiten so speziell – u.a. weil die Bewährungen in mindestens zwei Fällen schon längst abgelaufen waren vor dem Tatzeitpunkt – dass dieser Fall nicht verallgemeinert werden darf.
Mit Kommunikation zur Bewährung
Es ist für mich nicht ungewöhnlich, scheinbar unmögliche Bewährungsergebnisse zu erzielen – ein Beispiel aus dem Frühling 2024 zeigt dabei, wie wichtig professionelle Kommunikation ist: Der Mandant hatte beim Amtsgericht keine Bewährung erhalten. Er war schon dort Bewährungsversager und beging sogar die gleiche Straftat nochmals, nach der Verhandlung beim AG und bevor wir zusammen beim Landgericht saßen. Nach einer guten Stunde kam der Hinweis des Gerichts, wir mögen die Berufung doch bitte zurücknehmen, eine Bewährung ist aussichtslos – was wir nicht taten. Es wurde nur noch der BZR verlesen, ich habe plädiert, die StA sprach sich gegen eine Bewährung aus und nach sehr langer Beratungszeit gab es dann … eine Bewährung. Man sollte nie aufgeben, aber der eigene Anwalt muss wissen, wie die Messlatte liegt.
Wie viele Bewährungen: Es kommt auf den jeweiligen Fall an
Also: Wie oft kann man denn nun eine Bewährungsstrafe bekommen? Hier kommt es auf den jeweiligen Richter, das jeweilige Auftreten und die gesamten Tatumstände an. Typische Kriterien, die eine erhebliche Rolle spielen sind sicherlich
- Rückfallgeschwindigkeit
- Einschlägigkeit der Tat
- Tatmotive und die Frage, wie diese – ggfs. mit Blick auf die Lebensumstände – vermittelt werden
- Darstellung der Lebensumstände bei der Frage, wie die Zukunft aussieht
- Einsicht und Verhalten in der Hauptverhandlung
Insbesondere – und hier sind die Rollen von Strafverteidigern nicht zu unterschätzen – spielt es eine beachtliche Rolle, ob etwa eine Erkrankung eine Rolle gespielt hat und ob geeignete Auflagen existieren, die eine weitere Bewährung „schmackhaft“ machen. Dabei sollte ebenso nicht unterschätzt werden, dass man in der Hand hat, vor der Hauptverhandlung selber Vorsorge zu leisten im Hinblick auf eine Bewährung – regelmäßig gibt es genügend Zeit, um etwa mit bestimmten Maßnahmen die Stimmung deutlich besser einzustellen. Auch hier gilt aber: Es kommt auf den Einzelfall an.
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