Abgrenzung von Betrug und Computerbetrug bei Geldkarteneinsatz

Am 14. März 2024 hat der (BGH) in der Strafsache 5 StR 80/24 eine weitreichende Entscheidung zur Abgrenzung von (§ 263 StGB) und (§ 263a StGB) getroffen. Diese Entscheidung beleuchtet die rechtlichen Feinheiten bei der Nutzung von EC-Karten, die durch Täuschung erlangt wurden. In diesem Blog-Beitrag analysieren wir die wesentlichen Punkte des Beschlusses und deren rechtliche Implikationen.

Sachverhalt

Der Angeklagte war Teil einer Gruppierung, die nach der Betrugsmasche „falsche Polizeibeamte“ vornehmlich ältere Menschen um ihr Erspartes brachte. Der Angeklagte agierte als „Abholer“ und erhielt von den Opfern Bankkarten nebst Geheimnummer. Mit diesen Karten führte er in 22 Fällen Bargeldabhebungen an Geldautomaten durch.

Das Landgericht Kiel verurteilte ihn wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs sowie gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs. Die Revision des Angeklagten hatte teilweise Erfolg, was zur Aufhebung des Urteils in den Fällen des Computerbetrugs führte.

Rechtliche Problematik

Die zentrale rechtliche Fragestellung in diesem Fall war die Abgrenzung von Betrug (§ 263 StGB) und Computerbetrug (§ 263a StGB). Während der Betrug eine Täuschung voraussetzt, durch die der Getäuschte zu einer vermögensschädigenden Verfügung veranlasst wird, erfordert der Computerbetrug eine unbefugte Verwendung von Daten.

Betrug (§ 263 StGB)

Ein Betrug liegt vor, wenn jemand durch Täuschung über Tatsachen einen anderen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet, die zu einem Vermögensschaden führt. In diesem Fall wurden die Opfer durch die Täuschung, es handele sich um Polizeibeamte, dazu gebracht, ihre Bankkarten und PIN herauszugeben. Dies stellt einen klassischen Betrug dar, da die Täuschung direkt zu einer Vermögensverfügung der Opfer führte.

Computerbetrug (§ 263a StGB)

Der Computerbetrug setzt voraus, dass Daten unbefugt verwendet werden, um das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs zu beeinflussen und dadurch einen Vermögensschaden zu verursachen. Entscheidend ist hierbei das Tatbestandsmerkmal „unbefugt“. Dieses wird betrugsspezifisch ausgelegt, was bedeutet, dass die Verwendung der Daten ohne Berechtigung erfolgen muss.

Entscheidung des BGH

Der BGH hob die Verurteilung wegen Computerbetrugs auf und stellte fest, dass die Verwendung der Bankkarten und PINs durch den Angeklagten nicht „unbefugt“ im Sinne des § 263a StGB war, da die Karten mit dem Willen der Berechtigten, wenn auch irrtumsbedingt, übergeben wurden:

„Unbefugt“ handelt nicht schon derjenige, der Daten entgegen dem Willen des Berechtigten verwendet oder die verwendeten Daten rechtswidrig erlangt hat. Das Tatbestandsmerkmal erfordert vielmehr eine betrugsspezifische Auslegung.

Danach stellt die missbräuchliche Benutzung der vom Berechtigten mitsamt der Geheimnummer erlangten Bankkarte durch den Täter bei Abhebungen am Geldautomaten nur dann einen Computerbetrug nach § 263a Abs. 1 StGB dar, wenn die Abhebung am Bankschalter rechtlich als Betrug im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB zu würdigen wäre. Das Merkmal der unbefugten Verwendung der Daten gilt mithin nicht für denjenigen, der die Bankkarte und die Geheimnummer vom Berechtigten jeweils mit dessen Willen erlangt, mag die Überlassung auch auf einer Täuschung beruhen (…)

Der BGH argumentierte, dass die missbräuchliche Nutzung der Karte durch den Täter nur dann einen Computerbetrug darstellt, wenn die Handlung am Bankschalter als Betrug gewertet würde. Da die Opfer die Karten und PINs freiwillig herausgaben, wenn auch aufgrund einer Täuschung, war die Nutzung durch den Angeklagten nicht unbefugt im Sinne des Computerbetrugs.

Vertiefung der Abgrenzung

Die Abgrenzung zwischen Betrug und Computerbetrug ist in der Rechtspraxis von großer Bedeutung. Der klassische Betrug umfasst alle Fälle, in denen eine Person durch Täuschung zu einer Vermögensverfügung gebracht wird. Der Computerbetrug hingegen greift in Situationen, in denen Datenverarbeitungsvorgänge manipuliert werden, ohne dass eine direkte Täuschung einer Person erforderlich ist.

In der hier besprochenen Entscheidung stellte der BGH klar, dass der Computerbetrug eine betrugsspezifische Auslegung des Begriffs „unbefugt“ erfordert. Wenn die Daten (Bankkarte und PIN) mit dem Willen des Berechtigten erlangt werden, liegt keine unbefugte Verwendung im Sinne des § 263a StGB vor. Diese Differenzierung ist entscheidend, um zu verhindern, dass jede missbräuchliche Verwendung von Daten automatisch als Computerbetrug qualifiziert wird, wenn sie tatsächlich einen Betrug darstellt.


Fazit

Die Entscheidung des BGH im Fall 5 StR 80/24 verdeutlicht die Notwendigkeit einer klaren Abgrenzung zwischen Betrug und Computerbetrug. Sie zeigt, dass die missbräuchliche Nutzung von durch Täuschung erlangten Bankkarten und PINs in der Regel als Betrug und nicht als Computerbetrug zu qualifizieren ist. Diese Klarstellung ist wichtig für die rechtliche Bewertung ähnlicher Fälle und trägt zur Rechtssicherheit bei.

Durch die detaillierte Analyse des Tatbestandsmerkmals „unbefugt“ im Kontext des Computerbetrugs leistet der BGH einen wichtigen Beitrag zur Differenzierung der beiden Straftatbestände. Diese Entscheidung hat daher weitreichende Implikationen für die Praxis der Strafverfolgung und die Verteidigung in Fällen, die die Nutzung von Zahlungskarten betreffen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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