Zeiterfassung im Arbeitsverhältnis

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln (Beschluss vom 08.08.2024 – 6 BV 25/24) beleuchtet eine Reihe rechtlicher Fragen rund um die Zeiterfassung im Arbeitsverhältnis, insbesondere im Kontext der Tätigkeit freigestellter Betriebsratsmitglieder.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall ging es um die außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds, die der Arbeitgeber aufgrund angeblicher Verstöße im Zusammenhang mit der Zeiterfassung beantragte. Die Betroffene war als freigestelltes Betriebsratsmitglied tätig und hatte Plusstunden auf ihrem Arbeitszeitkonto angesammelt, die nach Auffassung des Arbeitgebers nicht ausreichend begründet wurden. Der Arbeitgeber sah hierin Verstöße gegen § 37 Abs. 3 BetrVG und die arbeitsvertraglichen Pflichten.

Das Zeiterfassungssystem „Matrix“, das im Unternehmen genutzt wird, erfasst Arbeitszeiten minutengenau und erlaubt Stempelungen sowohl über stationäre Terminals als auch online. Der Arbeitgeber argumentierte, dass ein positives Stundenkonto bei einem freigestellten Betriebsratsmitglied ausschließlich durch Tätigkeiten außerhalb der regulären entstehen könne, was jedoch nicht hinreichend nachgewiesen worden sei.


Rechtliche Analyse

Pflichten eines freigestellten Betriebsratsmitglieds

Nach § 38 BetrVG ist ein freigestelltes Betriebsratsmitglied von der regulären Arbeitsleistung befreit, jedoch verpflichtet, die Betriebsratsarbeit während der üblichen Arbeitszeiten zu erbringen. Das Gericht stellte klar, dass Arbeitszeiten, die außerhalb der regulären Arbeitszeit entstehen, nur dann als Plusstunden erfasst werden können, wenn hierfür betriebsbedingte Gründe nach § 37 Abs. 3 BetrVG vorliegen. Die Nachweispflicht hierfür liegt beim Betriebsratsmitglied.

Rechtliche Anforderungen an die Zeiterfassung

Das Gericht prüfte die Vereinbarkeit der im Betrieb eingeführten Zeiterfassung mit den gesetzlichen Vorgaben. Die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung wurden dabei berücksichtigt, insbesondere die Sicherstellung der Dokumentation von Überstunden und deren ordnungsgemäßer Ausgleich.

Datenschutzrechtliche Fragestellungen

Im Zusammenhang mit der Nutzung des Zeiterfassungssystems wurde auch die Frage nach dem Umgang mit personenbezogenen Daten aufgeworfen. Nach Art. 6 Abs. 1 ist die Verarbeitung solcher Daten durch den Arbeitgeber nur bei Vorliegen einer rechtlichen Grundlage zulässig. Hier wurde die Erforderlichkeit der Datenerhebung für die Erfüllung der Arbeitszeitdokumentation betont.

4. Kündigung und Erforderlichkeit der Zustimmung des Betriebsrats

Der Arbeitgeber versuchte, die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung zu ersetzen. Dabei war entscheidend, ob das Verhalten des Betriebsratsmitglieds als so gravierend einzustufen war, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist. Das Gericht stellte hierzu hohe Anforderungen und betonte die Schutzfunktion des Betriebsverfassungsgesetzes.


Fazit

Die Entscheidung des ArbG Köln verdeutlicht die komplexen rechtlichen Fragestellungen, die sich bei der Zeiterfassung im Arbeitsverhältnis ergeben. Insbesondere die Anforderungen an freigestellte Betriebsratsmitglieder, die datenschutzrechtliche Dimension und die arbeitsrechtliche Behandlung von Verstößen stehen hier im Fokus. Die Quintessenz dieser Entscheidung zeigt, dass Arbeitgeber bei der Einführung und Umsetzung von Zeiterfassungssystemen eine Vielzahl rechtlicher Aspekte berücksichtigen müssen, um Konflikte zu vermeiden und gesetzeskonform zu handeln.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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