Wettbewerbsrecht: Gesetzesänderung ermöglicht Ahndung von Datenschutzverstößen

Datenschutzverstöße sind seit dem 24.02.2016 abmahnfähig – jedenfalls durch Verbände. Damit haben Datenschutzverstöße in Zukunft das damit verbundene Risiko von Abmahnungen.

Im April 2015 hat die Bundesregierung den „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts“ vorgelegt, mit dem sie – erneut – versuchen möchte, Datenschutzverstöße über das Wettbewerbsrecht zu regulieren. Dazu soll das Unterlassungsklagegesetz geändert werden, so dass die hier Berechtigten in der Lage sind, bei Datenschutzverstößen von Unternehmen Maßnahmen zu ergreifen.

Der Gesetzgeber möchte auf dem Weg zumindest hinsichtlich von Verbänden Klarheit schaffen, da bisher umstritten ist, ob Datenschutzverstöße einen Wettbewerbsverstoß darstellen.

Update: Der Bundestag hat den Gesetzentwurf im Dezember 2015 beschlossen. Am 23. Februar 2016 wurde das Gesetz verkündet, damit tritt es am 24.02.2016 in Kraft. Jeder sollte daher prüfen, ob er eine ausreichende Datenschutzerklärung vorhält und auch sonst alle datenschutzrechtlichen Vorgaben erfüllt.

Ansatz: Datenschutzrechtliche Regelungen

Um eine rechtliche Handhabe zu schaffen wird im §2 UKlaG eine neue Nr.11 eingefügt:

„11. die Vorschriften, welche die Zulässigkeit regeln
a) der Erhebung personenbezogener Daten eines Verbrauchers durch einen Unternehmer oder
b) der Verarbeitung oder der Nutzung personenbezogener Daten, die über einen Verbraucher erhoben wurden, durch einen Unternehmer,
wenn die Daten zu Zwecken der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, des Betreibens einer Auskunftei, des Erstellens von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen, des Adresshandels, des sonstigen Datenhandels oder zu vergleichbaren kommerziellen Zwecken erhoben, verarbeitet oder genutzt werden.“

Wer nun Daten entgegen den genannten Regelungen verarbeitet kann in Anspruch genommen werden von den im Unterlassungsklagegesetz genannten Berechtigten.

Anspruch: Unterlassung und Beseitigung

Die nächste Änderung ergibt sich im §2 UKlaG, der bisher nur Unterlassungsansprüche vorsieht – dies soll ergänzt werden um Beseitigungsansprüche. Die neu hinzugekommenen Beseitigungsansprüche möchte der Gesetzgeber insbesondere im datenschutzrechtlichen Bereich umgesetzt sehen, damit Verbände statt der einzelnen Verbraucher zentral gegen zu unrecht erhobene bzw. vorgehaltene Daten vorgehen können:

Um dies zu erreichen, soll in § 2 Absatz 1 Satz 1 UKlaG neben dem ausdrücklich auch ein Beseitigungsanspruch geregelt werden. Ein solcher Beseitigungsanspruch, der es den anspruchsberech- tigten Stellen ermöglicht, das Löschen oder Sperren unzulässig gespeicherter Verbraucherdaten zu verlangen, kann nach geltendem Recht auch schon nach § 8 Absatz 1 UWG bestehen. (Entwurf, Seite 21)

Es erweitert sich damit der Tätigkeitsbereich der nach dem Unterlassungsklagegesetz Berechtigten ganz massiv, was aber auch durchaus kritisch gesehen werden kann. So handelt es sich bei datenschutzrechtlichen Beseitigungsansprüchen aus gutem Grund um an die jeweils betroffene Person gebundene Ansprüche. Nicht jeder, der mit einer rechtswidrigen Datenspeicehrung konfrontiert ist, wünscht zwingend die Löschung seiner Daten. Manche nutzen Dienste im Internet wobei Ihnen gleich ist, ob die Daten entsprechend dem deutschen Recht gespeichert/erhoben werden – Bevormundung könnte hier dazu führen, dass die Betroffenen am Ende Dienste nicht mehr nutzen können, obwohl sie sich bewusst dafür entschieden haben.

Abmahnung durch Verbände – nicht Mitbewerber?

Die gesetzliche Neuerung betrifft nur Verbände, nicht Mitbewerber. Es war bisher ohnehin umstritten, ob ein Datenschutzverstoß einen durch Mitbewerber abmahnfähigen Wettbewerbsverstoss darstellt. Der Gesetzgeber hat nun entschieden, dass Verbände ausdrücklich ermächtigt sind während Mitbewerber keine ausdrückliche Regelung erhalten haben, obwohl der Gesetzgeber sich der Problematik ausweislich der Gesetzesbegründung im Klaren war. Daraus kann durchaus der Schluss gezogen werden, dass hier keine Abmahnungen durch Mitbewerber möglich sein sollen.

Allerdings ist dies in der Rechtsprechung umstritten, das OLG Köln beispielsweise sieht es anders, ebenso das OLG Hamburg. Dazu finden Sie hier meine Übersicht.

Hinweis: Eine Ausnahme sind ohnehin in jedem Fall datenschutzrechtliche Regelungen in AGB – dies ist problemlos abmahnfähig!

Ausnahme: Vertragsbegründung

Immerhin ist eine Ausnahme vorgesehen, nämlich wenn die Datenverarbeitung zur Vertragsbegründung erfolgt:

„Eine Datenerhebung, Datenverarbeitung oder Datennutzung zu einem vergleichbaren kommerziellen Zweck im Sinne des Satzes 1 Nummer 11 liegt insbesondere nicht vor, wenn eines Verbrauchers von einem Unternehmer ausschließlich für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Verbraucher erhoben, verarbeitet oder genutzt werden.“

Die Gegenausnahme ist aber, wenn die Daten des Verbrauchers gerade verwertet werden sollen, also etwa zu Werbezwecken oder zur Weitergabe an Dritte erhoben werden.

Die Änderungen im Überblick

Das Bundesministerium der Justiz fasst die Änderungen so zusammen:

  • Den anspruchsberechtigten Stellen nach § 3 Absatz 1 Satz 1 UKlaG wird ermöglicht, im Interesse des Verbraucherschutzes gegen eine unzulässige Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Verbraucherdaten durch Unternehmer zu bestimmten Zwecken mit Unterlassungsansprüchen vorzugehen.
  • Zu diesem Zweck werden alle datenschutzrechtlichen Vorschriften, die für Unternehmer gelten, wenn sie Daten von Verbrauchern zu Zwecken der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, des Betreibens von Auskunfteien, des Erstellens von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen, des Adresshandels, des sonstigen Datenhandels oder zu vergleichbaren kommerziellen Zwecken erheben, verarbeiten oder nutzen, in den Katalog der Verbraucherschutzgesetze nach § 2 Absatz 2 UKlaGdurch das Anfügen einer neuen Nummer 11 aufgenommen.
  • Bei einem Verstoß eines Unternehmers gegen diese datenschutzrechtlichen Vorschriften stehen den anspruchsberechtigten Stellen nach § 3 Absatz 1 Satz 1 UKlaG die Ansprüche nach § 2 Absatz 1 UKlaG unter den gleichen Voraussetzungen zu wie bei einem Verstoß gegen andere Verbraucherschutzgesetze.
  • Zu den anspruchsberechtigten Stellen gehören die qualifizierten Einrichtungen nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 UKlaG. Dies sind alle Verbraucherverbände, die in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen sind, die beim Bundesamt für Justiz geführt wird. Anspruchsberechtigte Stellen sind aber auch die Wirtschaftsverbände, die die Voraussetzungen des §3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 UKlaG erfüllen, sowie nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 UKlaG die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern.
  • Die neuen Regelungen wurden so gestaltet, dass sich die Arbeit der Datenschutzbehörden und der Rechtsschutz durch Verbraucherverbände gegenseitig ergänzen. Um das Wissen und den Sachverstand der Datenschutzbehörden zu nutzen, wurde in gerichtlichen Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz auch ein Anhörungsrecht für die Datenschutzbehörden vorgesehen.

Auswirkungen

Die Auswirkungen sind nicht von der Hand zu weisen: Der Gesetzgeber möchte die deutsche Selbstregulierung ins Feld führen gegen die Übermacht von Internetkonzernen, die Datenschutzbestimmungen verstößt. Ignoriert wird dabei, dass

  • eine hohe Anzahl deutscher kleiner und mittelständischer Unternehmen hier Fehler begehen, schlicht weil das deutsche Datenschutzrecht ebenso unüberschaubar wie inhaltlich überholt ist und
  • eine Vielzahl von Datenschutzverstößen sich im wirtschaftlichen Verkehr gar nicht auswirkt und den Verbrauchern teilweise sogar schlichtweg egal ist.

Die mangelnde Differenzierung, die „Gleichbehandlung“ von Google und Facebook mit dem Metzger um die Ecke, ist bereits genügend Anlass zur Kritik. Dass der Gesetzgeber aber auch noch so tut, als wäre das deutsche Datenschutzrecht nicht ohnehin eine einzige Baustelle (die zudem irgendwann von der Datenschutzgrundverordnung abgelöst werden wird), rundet das Bild noch ab. Es ist jedenfalls schon jetzt abzusehen, dass es Abmahnungen durch Verbände „hageln“ wird nachdem diese Änderungen umgesetzt wurden. Vielleicht ein guter Grund für Unternehmen, nunmehr präventiv darauf zu achten, dass Regelungen zum eingehalten sind.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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