Das Oberlandesgericht (OLG) Köln setzte sich im Beschluss vom 4. September 2024 (Az. 28 Wx 4/24) mit der Überprüfung der Höhe von festgesetzten Ordnungsgeldern auseinander. Im Mittelpunkt der Entscheidung stand die Frage, ob die durch das Bundesamt für Justiz (BfJ) verhängten Ordnungsgelder in Höhe von jeweils 250.000 Euro im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und des Übermaßverbots verhältnismäßig waren.
Sachverhalt
Die Rechtsbeschwerdeführerin hatte es versäumt, ihre Jahresabschlüsse für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 fristgerecht zu veröffentlichen. Infolgedessen verhängte das BfJ mehrere Ordnungsgelder. Nachdem die Unternehmen auch nach mehrfachen Aufforderungen nicht reagiert hatten, wurden deutlich höhere Ordnungsgelder festgesetzt. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass diese unverhältnismäßig hoch seien und ihre wirtschaftliche Existenz gefährden würden.
Entscheidung
Das OLG Köln erkannte die grundsätzliche Berechtigung zur Festsetzung von Ordnungsgeldern durch das BfJ an, hob jedoch die Entscheidungen des Landgerichts Bonn auf und reduzierte die festgesetzten Beträge erheblich auf jeweils 25.000 Euro (insgesamt 50.000 Euro). Die wesentlichen Argumente des OLG Köln waren:
- Übermaßverbot: Die Höhe der Ordnungsgelder von 250.000 Euro pro Verstoß überschritt die Grenze des Übermaßverbots, da sie im Verhältnis zur wirtschaftlichen Situation des Unternehmens zu drastisch war. Die finanzielle Situation der Rechtsbeschwerdeführerin (eine kleine GmbH & Co. KG mit negativen Eigenkapitalwerten und geringen Umsätzen) ließ erkennen, dass die verhängten Ordnungsgelder das Unternehmen existenziell bedrohen könnten.
- Ermessensspielraum des BfJ: Zwar besitzt das BfJ einen weiten Ermessensspielraum bei der Festsetzung von Ordnungsgeldern. Doch dieser Spielraum ist nicht unbegrenzt. Das Gericht stellte fest, dass der Ermessensspielraum durch das grundgesetzlich verankerte Übermaßverbot eingeschränkt ist, insbesondere wenn die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens gefährdet ist.
- Verhältnismäßigkeit: Die gerichtliche Überprüfung der Höhe des Ordnungsgeldes muss gewährleisten, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Hier lag eine Überschreitung dieses Grundsatzes vor, da die verhängten Ordnungsgelder das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens infrage stellten. Angemessene Sanktionen sollen zwar abschreckend wirken, dürfen jedoch nicht existenzgefährdend sein.
- Herabsetzung des Ordnungsgeldes: Das OLG entschied, dass Ordnungsgelder in Höhe von 25.000 Euro je Verstoß ausreichend wären, um den Anforderungen der Abschreckung und der Verhältnismäßigkeit gerecht zu werden. Diese Höhe sei in Anbetracht der finanziellen Situation des Unternehmens angemessen und „hinreichend abschreckend“, ohne die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens zu gefährden.
Fazit
Das OLG Köln betonte, dass die Höhe eines Ordnungsgeldes stets im Einklang mit dem Übermaßverbot und der Verhältnismäßigkeit stehen muss.
Diese Entscheidung verdeutlicht die Wichtigkeit einer umfassenden Prüfung der finanziellen Situation eines Unternehmens, bevor drastische Sanktionen verhängt werden. Die Herabsetzung der Ordnungsgelder zeigt, dass das Gericht bemüht war, einem ausgewogenen Ansatz zwischen wirksamer Sanktionierung und dem Schutz vor existenzbedrohenden Maßnahmen zu folgen.
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