Ordnungsgeld wegen Pflicht zur Offenlegung von Jahresabschlüssen

In einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (Az. 28 Wx 1/24) geht es um die Pflichten zur Offenlegung von Jahresabschlüssen und es werden mehrere zentrale Rechtsfragen behandelt: Im Kern geht es um die Frage der Verfolgungsverjährung in Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB bei Verstößen gegen die Offenlegungspflicht gemäß § 325 HGB. Das Gericht entschied, dass es sich bei der nicht rechtzeitigen Offenlegung um ein echtes Unterlassungsdelikt handelt, für das eine Verfolgungsverjährung von zwei Jahren gilt. Zudem stellte das Gericht klar, dass ein Ordnungsgeld nicht aufgrund des bloßen Zeitablaufs verwirkt.

Sachverhalt

Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Gesellschaft ihren für das Geschäftsjahr 2019 verspätet und nicht ordnungsgemäß eingereicht.

Die eingereichten Unterlagen enthielten die Information, dass der Jahresabschluss vor seiner Feststellung offengelegt worden sei, was jedoch nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Das Bundesamt für Justiz verhängte daraufhin ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500 Euro. Das Landgericht Bonn (Az. 32 T 355/23) hob diese Entscheidung in erster Instanz auf, doch das bestätigte sie auf die Rechtsbeschwerde des Bundesamts hin.

Rechtliche Analyse

  1. Verfolgungsverjährung nach Art. 9 Abs. 1 S. 2 EGStGB: Die Verfolgungsverjährung für Ordnungsgeldverfahren gemäß § 335 HGB beträgt zwei Jahre. Diese beginnt, wenn der Verstoß gegen die Offenlegungspflicht abgeschlossen ist, d. h., wenn der Jahresabschluss vollständig offengelegt wurde. Es handelt sich hierbei um eine „Verfolgungsverjährung“ im Sinne des § 335 HGB, die den Zeitraum betrifft, innerhalb dessen das Ordnungsgeldverfahren eingeleitet werden kann.
  2. Echtes Unterlassungsdelikt: Der nicht rechtzeitig eingereichte Jahresabschluss stellt ein echtes Unterlassungsdelikt dar, da die Verpflichtung zur Offenlegung eine fortdauernde Handlungspflicht darstellt. Die Nichterfüllung dieser Pflicht kann somit als Unterlassen qualifiziert werden, woraus die zwei Jahre Verfolgungsverjährung resultieren.
  3. Teilweise oder mangelhafte Erfüllung der Offenlegungspflicht: Nach Ansicht des Gerichts endet ein Verstoß gegen die Offenlegungspflicht nicht dadurch, dass eine teilweise oder fehlerhafte Offenlegung erfolgt. Gemäß Art. 9 Abs. 1 S. 3 EGStGB endet die Tat erst mit vollständiger Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben. Damit bleibt ein Unternehmen auch nach einer mangelhaften Offenlegung der Haftung ausgesetzt.
  4. Keine Verwirkung des Ordnungsgeldes durch Zeitablauf: Das Gericht stellte klar, dass ein Ordnungsgeld nicht aufgrund bloßen Zeitablaufs verwirkt wird. Dies entspricht dem Ziel der gesetzlichen Regelungen, die Rechtssicherheit und die Durchsetzung der Offenlegungspflicht sicherzustellen.

Ergebnis

Das Oberlandesgericht Köln hat die Anwendbarkeit der Verfolgungsverjährung und die Qualifizierung als echtes Unterlassungsdelikt konkretisiert. Unternehmen sollten daher die Fristen und die vollständige Erfüllung der Offenlegungspflichten genau beachten, um Ordnungsgelder zu vermeiden.

Diese Entscheidung verdeutlicht die Wichtigkeit der fristgerechten und vollständigen Offenlegung von Jahresabschlüssen und unterstreicht die haftungsrechtlichen Risiken bei Verstößen gegen die gesetzlichen Pflichten.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
Letzte Artikel von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht) (Alle anzeigen)
Benutzerbild von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht und anspruchsvolles IT-Recht + Kunst & Medien - ergänzt um Arbeitsrecht.