Das Oberlandesgericht (OLG) Bremen hat mit Beschluss vom 25. September 2024 (Az.: 2 W 46/24) eine beachtenswerte Entscheidung zur Reichweite des Zeugnisverweigerungsrechts von Pressevertretern getroffen. Dabei ging es um die Frage, ob eine Journalistin sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO berufen kann, wenn sie die Identität und Inhalte der Kommunikation mit ihren Informanten bereits offengelegt hat. Das Gericht verneinte dies und verwies dabei auf eine frühere Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
Sachverhalt
Die Klägerin hatte gegen die Beklagte eine Unterlassungsklage erhoben, weil diese angeblich falsche Tatsachenbehauptungen geäußert haben soll, die in einem Zeitungsartikel über einen Prozess gegen eine Ärztin, die in Drogengeschäfte verwickelt war, veröffentlicht wurden. Zur Beweisführung berief sich die Klägerin auf das Zeugnis der Journalistin, die den betreffenden Artikel verfasst hatte.
Vor dem Landgericht Bremen berief sich die Zeugin auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO und verweigerte die Aussage darüber, was die Beklagte ihr konkret mitgeteilt habe. Das Landgericht hatte dies akzeptiert. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin sofortige Beschwerde ein.
Entscheidung des OLG Bremen
Das OLG Bremen hob die Entscheidung des Landgerichts auf und entschied, dass die Journalistin nicht berechtigt sei, die Aussage zu verweigern. Maßgeblich sei, dass sie die Identität der Informantin sowie wesentliche Inhalte der Kommunikation bereits offengelegt habe. Das Vertrauensverhältnis sei dadurch bereits so weit beeinträchtigt, dass durch eine Zeugenaussage keine zusätzliche Gefährdung eintrete.
Das Gericht stützte sich hierbei auf den BGH, der bereits 2012 klargestellt hatte, dass das Zeugnisverweigerungsrecht nicht absolut gilt, sondern an die tatsächlichen Umstände des Falles angepasst werden muss. Die Offenlegung von Informanteninformationen in der Vergangenheit kann eine spätere Berufung auf das Zeugnisverweigerungsrecht ausschließen, wenn durch die Aussage keine weitergehende Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zu befürchten ist.
Rechtliche Würdigung
Die Entscheidung zeigt, dass das Zeugnisverweigerungsrecht von Pressevertretern nicht schrankenlos ist. Zwar dient § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO dem Schutz der Pressefreiheit und der Wahrung journalistischer Quellen, jedoch kann dieses Recht nicht in jedem Fall geltend gemacht werden.
Die Entscheidung beruht auf einer differenzierten Abwägung zwischen dem Schutz der journalistischen Arbeit und dem Interesse der Prozessparteien an einer effektiven Beweisführung. Das OLG Bremen hält fest, dass eine Journalistin nicht pauschal die Aussage verweigern kann, wenn sie bereits selbst Informationen über ihre Quellen preisgegeben hat.
Damit bestätigt das Gericht eine restriktive Auslegung des Zeugnisverweigerungsrechts, die Journalisten in ihrer Berufsausübung schützen soll, aber gleichzeitig eine missbräuchliche Nutzung zur Verhinderung von Wahrheitsfindung im Zivilprozess ausschließt.
Fazit
Das OLG Bremen setzt mit dieser Entscheidung klare Grenzen für das Zeugnisverweigerungsrecht von Pressevertretern. Sobald eine Journalistin ihre Quellen zumindest teilweise offenbart hat, kann sie sich nicht mehr pauschal auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Dies stärkt einerseits die Interessen der Prozessparteien an einer umfassenden Beweisaufnahme, stellt aber auch eine Herausforderung für den Informantenschutz dar. Die Entscheidung dürfte insbesondere für Medienjuristen und investigative Journalisten von großer Relevanz sein.
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