§13 I UWG stellt klar:
Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, sind die Landgerichte ausschließlich zuständig.
Wie ist das nun, wenn man eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen abgegeben hat – und die Vertragsstrafe verwirkt? Die sachliche Zuständigkeit der Landgerichte liegt durchaus nahe wenn man auf den Zweck der Norm blickt – dennoch ist es letztlich (zumindest in der Literatur) umstritten. Ein Betroffener prozessierte nun um diese Frage zu klären und das OLG Thüringen (2 U 330/10) stellte in diesem Zusammenhang klar, dass auch in diesem Fall die Landgerichte sachlich zuständig sein sollen.
Dazu aus der Entscheidung:
Allerdings ist die Anwendung von § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG auf solche Sachverhalte umstritten. Teilweise wird dies wegen des Wortlautes von § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG verneint (OLG Rostock GRUR-RR 2005, 176; Ahrens/Bähr Kap. 17 Rn. 37; Köhler/Bornkamm § 13 UWG Rn. 2; Harte/Henning/Retzer § 13 UWG Rn. 11; Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl. § 13 Rn. 2; Gloy/Loschelder/Spätgens § 85 Rn. 9 (abweichend von der Vorauflage); Hess FS Ullmann 2006, S. 927, 934; Rieble JZ 2009, 716).
Demgegenüber wird insbesondere unter Betonung des Normzwecks die Anwendbarkeit von § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG auf Vertragsstrafeansprüche bejaht (MünchKommUWG/Ehricke § 13 Rn. 10; Fezer/Büscher § 13 UWG Rn. 7; Piper/Ohly/Sosnitza § 13 UWG Rn. 2; MünchKommUWG/Ottofülling § 12 Rn. 270; Goldbeck WRP 2006, 37; für eine entsprechende Anwendung Lindacher FS Ullmann 2006, S. 977, 978; mit Einschränkungen auch Teplitzky Kap. 45 Rn. 5).
Der Senat folgt mit dem Landgericht der letztgenannten Auffassung. Die endgültige Neuformulierung von § 13 Abs. 1 UWG durch das UWG 2004 beruhte auf den beiden Erwägungen des Gesetzgebers, zum einen um UWG-spezifischen Arbeitsaufwand bei den Amtsgerichten zu vermeiden und zum anderen einen inhaltlichen Gleichklang mit anderen Zuständigkeitsvorschriften im gewerblichen Rechtsschutz (§§ 140 Abs. 1 MarkenG, 52 Abs. 1 GeschmMG, 27 Abs. 1 GebrMG, 143 Abs. 1 PatG, 6 Abs. 1 UKlaG) herzustellen (vgl. BT-Drucks. 15/1487, S. 36, 44). Die Zuständigkeitskonzentration bei den Landgerichten muss deshalb nicht nur für Ansprüche gelten, die die Erstattung von Abmahnkosten betreffen, und deren Anspruchsgrundlage im UWG selbst erwähnt ist („kleiner Wettbewerbsprozess“), sondern auch für Vertragsstrafeansprüche und Aufwendungsersatzansprüche, die lediglich aufgrund einer analogen Anwendung von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG begründet sind (z.B. Kosten für Abschlussschreiben).
Zuständigkeitsregelungen im sonstigen gewerblichen Rechtsschutz (z.B. § 140 Abs. 1 MarkenG) betreffen nach gefestigter Auffassung (bei allerdings leicht abweichender Formulierung) stets auch Vertragsstrafeansprüche (vgl. nur OLG München GRUR-RR 2004, 190 m.w.N.; Ströbele/Hacker § 140 MarkenG Rn. 5). Ein angestrebter inhaltlicher Gleichklang erfordert daher auch bei § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG die ansonsten übliche weite Auslegung der Zuständigkeitsregelung.
Auch die gesetzgeberische Erwägung, die Amtsgerichte nicht mit vereinzelten Spezialfragen des UWG zu belasten, ist nur dann konsequent umgesetzt, wenn auch Vertragsstrafeansprüche (und Aufwendungsersatzansprüche analog § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG), die ihre Grundlage in Verletzungen von Normen des UWG hatten, von den Landgerichten entschieden werden. Denn es geht bei solchen Vertragsstrafeklagen nicht „nur“ um allgemeine Vertragsauslegung, vielmehr sind immer wieder auch wettbewerbsrechtliche Besonderheiten, wie sie von der spezialisierten Rechtsprechung der Wettbewerbsgerichte entwickelt wurden (z.B. Kerntheorie; Fortsetzungszusammenhang), zu berücksichtigen. Auch bei der Auslegung der Unterlassungserklärung, die deren Zustandekommen berücksichtigen muss (vgl. BGH GRUR 1997, 931 – Sekundenschnell), ist wettbewerbsrechtliches Spezialwissen oft unentbehrlich. Das gilt auch für spezielle wettbewerbsrechtliche Fragen, die im Zusammenhang mit einer möglichen Beendigung eines Unterwerfungsvertrages oder mit der Prüfung von Rechtsmissbrauch im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG zu tun haben (vgl. Senat Magazindienst 2007, 70). Soweit andere Gerichte anderer Gerichtsbarkeiten mit wettbewerbsrechtlichen Fragen befasst sein können, beruht dies allein auf einer abweichenden Rechtswegzuweisung (so auch Fezer/Büscher aaO.).
Soweit § 14 Abs. 1 UWG ohne besondere Verlautbarung des Gesetzgebers im Rahmen der Gesetzesbegründung denselben Wortlaut „auf Grund des Gesetzes“ verwendet, spricht nichts dagegen, auch insoweit von einem weiten Verständnis der Norm auszugehen. Das vom Senat bevorzugte Verständnis von § 13 Abs. 1 Satz 2 UWG widerspricht nicht dem zumindest dieses weite Verständnis zulassenden Wortlaut dieser Norm. Zum einen wird die der Vertragsstrafeklage zugrunde liegende strafbewehrte Unterlassungserklärung regelmäßig nur dann abgegeben, wenn ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch nach Normen des UWG besteht oder behauptet wurde. Zum anderen dient die strafbewehrte Unterlassungserklärung dazu, die Wiederholungsgefahr bezüglich des gesetzlichen Unterlassungsanspruches entfallen zu lassen. Insoweit hat die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung auch Eingang in § 12 Abs. 1 UWG gefunden. Auch der Vertragsstrafeanspruch ist damit, unbeschadet seiner vertraglichen Rechtsnatur, auf einen Anspruch auf Grund des UWG zurückzuführen, ohne dass es auf eine ausdrückliche Kondizierbarkeit des Vertragstrafeanspruchs ankäme.
Im Übrigen ist auch noch folgende Erwägung von Bedeutung: Solange eine streitwertbedingte Zuständigkeitsgrenze bei Vertragsstrafeansprüchen für berechtigt gehalten wird, sind die Parteien einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung gehalten, eine Vertragsstrafe von € 5.001,00 in die strafbewehrten Unterlassungserklärungen aufzunehmen, um wegen der angestrebten Kompetenz der Landgerichte in UWG-Sachen eine landgerichtliche Zuständigkeit zu erreichen. Die Höhe der Vertragsstrafe soll sich aber vernünftigerweise an der Person des Verletzers und der Art des Verstoßes orientieren, nicht an irgendwelchen Zuständigkeitsgrenzen (so in Bezug auf die Ernsthaftigkeit einer Unterlassungserklärung noch OLG Köln WRP 2001, 1101). Insgesamt erscheint es daher sinnvoll, unterschiedliche Zuständigkeiten auszuschließen und eine einheitliche Zuständigkeit der Landgerichte anzunehmen (ähnlich auch Lindacher aaO.; MünchKommUWG/Ottofülling § 12 Rn. 270; Bürglen FS Erdmann 2002, S. 785, 790).
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