Bussgeld: Identifizierung mit einem Lichtbild

Identifizierung des Fahrer an Hand von bei Ordnungswidrigkeit: Es genügt in den Fällen der Identitätsfeststellung eines Betroffenen anhand eines bei dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes, falls das Foto so deutlich ist, dass es zur Identifizierung des Betroffenen uneingeschränkt geeignet ist, eine gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG prozessordnungsgemäße Verweisung auf das bei den Akten befindliche , eine zusätzliche Beschreibung einzelner Identifizierungsmerkmale ist dann entbehrlich, so ein Urteil des OLG Hamm, 2 Ss OWi 692/04. Andernfalls muss eine Beschreibung so erfolgen, dass bei Inaugenscheinnahme der Person die Ähnlichkeitnachzuvollziehen ist, insbesondere ist durch die Beschreibung von

  • fotografiertem Kinnbereich,
  • den Lippen,
  • von Nase und
  • Ohren

des Betroffenen und deren Vergleich mit dem Aussehen des in der anwesenden Betroffenen, zusätzlich gestützt durch das insoweit inhaltlich widergegebene, auf einem Lichtbildvergleich beruhende Sachverständigengutachten. Auch das OLG Köln hatte sich hierzu geäussert:

Sieht der Tatrichter – wie hier – von einer Verweisung gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf das gefertigte Lichtbild ab, so genügt es weder, wenn er das Ergebnis seiner Überzeugungsbildung mitteilt, noch wenn er die von ihm und einem Sachverständigen zur Identifizierung herangezogenen abstrakten Merkmale auflistet. In diesem Fall muss das Urteil Ausführungen zur Bildqualität (insbes. zur Bildschärfe) enthalten und die abgebildete Person oder jedenfalls mehrere Identifizierungsmerkmale (in ihren charakteristischen Eigenschaften) so präzise beschreiben, dass dem Rechtsmittelgericht in gleicher Weise wie bei Betrachtung des Fotos die Prüfung der Ergiebigkeit des Fotos ermöglicht wird (SenE v. 23.06.2005 – 81 Ss-OWi 4/05 -; SenE v. 22.10.2007 – 81 Ss-OWi 75/07 -; SenE v. 05.03.2010 – III-1 RBs 65/10 -). Ferner muss im Urteil dargelegt werden, worin die Übereinstimmungen zwischen Person und Foto bestehen. Durch die genaue vergleichende Beschreibung soll das Rechtsbeschwerdegericht in die Lage versetzt werden, die Eignung des Frontfotos für den allein vom Tatrichter vorzunehmenden Vergleich mit dem Erscheinungsbild des Betroffenen in der Hauptverhandlung zu überprüfen (BGHSt 41, 376 = NJW 1996, 1420 = NZV 1996, 157 = DAR 1996, 98; SenE v. 28.05.2002 – Ss 209/02 B -; SenE v. 02.08.2002 – Ss 336/02 B -; SenE v. 29.09.2017 – III-1 RVs 225/17).30

Den danach zu stellenden Anforderungen genügt das angefochtene Urteil durch die Beschreibung von fotografiertem Kinnbereich, den Lippen, von Nase und Ohren des Betroffenen und deren Vergleich mit dem Aussehen des in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen, zusätzlich gestützt durch das insoweit inhaltlich widergegebene, auf einem Lichtbildvergleich beruhende Sachverständigengutachten. Mit ihren gegenteiligen Ausführungen sucht die Rechtsbeschwerde lediglich in unbehelflicher Weise, ihre eigenen Beweiswürdigungserwägungen an die Stelle derjenigen des Tatgerichts zu setzen.

, 1 RBs 324/18

Aus der Entscheidung des OLG Hamm:

Der Betroffene hat sich zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf nicht eingelassen. Das Amtsgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen auf das von dem Verkehrsverstoß gefertigte Lichtbild gestützt und dazu ausgeführt: „Auf die in Augenschein genommenen Lichtbilder Blatt 3, 12 und 13 der Akten wird ausdrücklich Bezug genommen“. Bei dem Lichtbild Blatt 3 der Akte handelt es sich um das von dem Verkehrsverstoß stammende.

Dies wird den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Bezugnahme im Sinne von § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO noch gerecht. Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. dazu BGHSt 41, 376 = NZV 1996, 157), der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Senat in VRS 92, 335), genügt in den Fällen der Identitätsfeststellung eines Betroffenen anhand eines bei dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes, falls das Foto so deutlich ist, dass es zur Identifizierung des Betroffenen uneingeschränkt geeignet ist, eine gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG prozessordnungsgemäße Verweisung auf das bei den Akten befindliche Lichtbild, eine zusätzliche Beschreibung einzelner Identifizierungsmerkmale ist dann entbehrlich (BGH, a.a.O.).

Der Senat hat bereits mehrfach zu den Anforderungen an eine im Sinn des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG prozessordnungsgemäße Verweisung auf ein bei den Akten befindliches Lichtbild Stellung genommen (vgl. u.a. Senat in VRS 92, 335 und insbesondere Senat in StraFo 1998, 52 = NZV 1998, 170). Danach muss die Bezugnahme deutlich und zweifelsfrei sein; dem wird die Verwendung des Gesetzeswortlautes gerecht (Senat, a.a.O.), und zwar auch dann, wenn zusätzlich zur Kennzeichnung die Blattzahl des bei nur einem Messvorgang gefertigten Lichtbildes nicht genannt wird. Demgegenüber ist es nicht ausreichend, wenn das Urteil nur Ausführungen dazu enthält, dass das entsprechende Lichtbild in Augenschein genommen und ggf. mit dem in der Hauptverhandlung erschienenen Betroffenen verglichen worden sei. Mit diesen Ausführungen wird nämlich nur der Beweiserhebungsvorgang, aufgrund dessen der Tatrichter sich seine Überzeugung von der Identität des Betroffenen als Fahrer gebildet hat, beschrieben (so insbesondere auch OLG Brandenburg DAR 1998, 112, 113). Für die Anwendung der o.a. Rechtsprechung entscheidend ist hingegen aber, dass das Lichtbild zum Inhalt der Urteilsurkunde gemacht worden ist. Dazu lässt sich jedoch der bloßen Mitteilung, das Lichtbild sei in Augenschein genommen worden, nichts entnehmen. Insoweit muss der Tatrichter vielmehr durch Beschreibung bzw. Darstellung des entsprechenden (Einbeziehungs-)Vorgangs deutlich machen, dass das im Rahmen der Überzeugungsbildung in Augenschein genommene Lichtbild nun von ihm ebenso wie der zur Urteilsbegründung aufgenommene Urteilstext als Bestandteil in die Urteilsurkunde aufgenommen werden soll. Dazu ist, wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat (vgl. Senat, a.a.O.), nicht die Verwendung des Gesetzeswortlautes erforderlich, obwohl dies die kürzeste und deutlichste Verweisungsmöglichkeit darstellen dürfte, so dass grundsätzlich diese Form der Verweisung zu empfehlen sein wird (siehe auch BayObLG DAR 1998, 148 und auch OLG Brandenburg, a.a.O.; Senat in NStZ-RR 1998, 238 = VRS 95, 232). Unter Berücksichtigung des Regelungsgehalts des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO und der in der Rechtsprechung des BGH erkennbaren und zu begrüßenden Tendenz, die Anforderungen an die Begründung (verkehrs-)
bußgeldrechtlicher Entscheidungen (wieder) zu reduzieren (vgl. u.a. BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 3081; siehe aber auch BGHSt 41, 476[ s.o.]), ist nach Auffassung des Senats aber auch jede andere Form der Verweisung hinnehmbar, solange sich ihr eindeutig entnehmen lässt, dass nicht nur der Beweiserhebungsvorgang beschrieben werden, sondern durch die entsprechenden Ausführungen das Lichtbild zum Bestandteil der Urteilsurkunde gemacht werden soll. \r\n

Dem werden die Ausführungen im angefochtenen Urteil noch gerecht. Der Tatrichter hat nicht nur ausgeführt, dass seine Feststellungen auf den „in Augenschein genommenen Lichtbildern“ beruht, sondern auf diese auch „ausdrücklich Bezug genommen“. Dem lässt sich – entsprechend den dargelegten Grundsätzen – entnehmen, dass die Lichtbilder Gegenstand der Urteilsurkunde werden sollen und der Tatrichter nicht nur den Beweiserhebungsvorgang beschreiben wollte. Unterstützt wird das noch durch die hier erfolgte, an sich für eine prozessordnungsgemäße Verweisung in der Regel nicht erforderliche Anführung der Blattzahl (Senat, a.a.O.).

OLG Hamm, 2 Ss OWi 692/04.
Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)

Rechtsanwalt Dieter Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht und Anwalt in der Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf. Spezialgebiete von RA DF: Verkehrsstrafrecht, Kapitalstrafsachen, Drogendelikte, Sexualstrafrecht und Arbeitsstrafrecht.

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