In einem Urteil des Arbeitsgerichts Bonn (5 Ca 663/24) wurde die Frage untersucht, inwieweit ein Betriebsratsmitglied berechtigt ist, teilweise private Korrespondenz eines Mitarbeiters an die Personalabteilung weiterzugeben. Diese Entscheidung ist insbesondere im Anwendungsbereich des § 84 Abs. 1 BetrVG und § 13 AGG von Bedeutung, da sie datenschutzrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Aspekte abwägt.
Sachverhalt
Der Kläger, ein Verkaufsleiter eines Unternehmens, unterhielt eine Beziehung mit einer unterstellten Mitarbeiterin, die zu Streitigkeiten führte. Während der Beziehung wurden zahlreiche private Nachrichten über WhatsApp ausgetauscht. Diese Korrespondenz wurde von der Mitarbeiterin einem Betriebsratsmitglied übergeben, das sie wiederum an die Personalabteilung weiterleitete. Der Kläger sah darin eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts sowie einen Datenschutzverstoß und forderte Schadensersatz in Höhe von 5.000 Euro.
Rechtliche Würdigung
Das Gericht befasste sich mit der Frage, ob die Offenlegung der Korrespondenz durch das Betriebsratsmitglied zulässig war:
- Beschwerderecht nach § 84 BetrVG und § 13 AGG
Das individualrechtliche Beschwerderecht nach § 84 Abs. 1 BetrVG erlaubt es Beschäftigten, ein Betriebsratsmitglied zur Unterstützung hinzuzuziehen. Der Zweck ist es, Benachteiligungen oder Beschwerden gegenüber dem Arbeitgeber zu adressieren. Dies schließt die Offenlegung relevanter Informationen ein, wenn diese zur Klärung der Beschwerde notwendig sind. - Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit
Nach § 79a Satz 2 BetrVG trägt der Arbeitgeber die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Betriebsrat. In diesem Fall schloss das Gericht einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO gegen das Betriebsratsmitglied aus, da dieses im Rahmen seiner Funktion handelte und die Weitergabe der Daten auf eine arbeitsrechtlich legitime Beschwerde abzielte. - Abwägung von Persönlichkeitsrecht und Interessen
Das Gericht sah die Offenbarung der Chatverläufe als gerechtfertigt an, da sie einen relevanten Zusammenhang mit der Beschwerde und den daraus resultierenden Pflichten des Betriebsratsmitglieds hatte. Das Persönlichkeitsrecht des Klägers wurde zwar tangiert, jedoch überwog das berechtigte Interesse der betroffenen Mitarbeiterin sowie des Betriebsrats, eine sachgerechte Prüfung der Vorwürfe zu ermöglichen.
Fazit
Die Entscheidung verdeutlicht die klare Abgrenzung zwischen individual- und kollektivrechtlichem Beschwerdeverfahren. Für Betriebsratsmitglieder besteht unter bestimmten Voraussetzungen eine weitreichende Berechtigung, relevante Informationen, selbst wenn diese einen privaten Charakter haben, an die Personalabteilung weiterzugeben. Diese Handlungen sind datenschutzrechtlich abgesichert, solange sie im Rahmen der unterstützenden Funktion erfolgen. Das Urteil stärkt die Rolle des Betriebsrats als vermittelndes Organ und bietet Orientierung bei der Abwägung zwischen Datenschutz, Persönlichkeitsrecht und arbeitsrechtlichen Interessen.
- D&O-Versicherung und das automatische Vertragsende bei Insolvenz - 23. Januar 2025
- Sozialversicherungsbeiträge im Wirtschaftsstrafrecht - 23. Januar 2025
- Jugendstrafrecht und seine Anwendung - 23. Januar 2025