Die geplante Reform des „Punktesystems“ („Punktereform“) für Autofahrerist ist am 1. Mai 2014 in Kraft getreten, seitdem ist von einem „Fahreignungsregister“ zu sprechen. Im März 2015 hatte das Ministerium für Verkehr eine erste positive Zwischenbilanz gezogen, auch im anwaltlichen Alltag sind letztlich im Jahr 2016 die Probleme überschaubar. Probleme insbesondere mit Übergangsfristen werden zuletzt von Kalus in DAR1/2016, Seite 2ff. dargestellt.
Ich möchte im Folgenden auf einige wesentliche Aspekte hinweisen, soweit sie sich aus der Reform ergeben haben. Wir sind im gesamten Verkehrsrecht, auch rund um den Führerschein für Sie tätig.
Punktereform: Aus 18(17) Punkten macht 8(7) Punkte
Das neue Punktesystem soll von 18 möglichen Punkten auf 8 reduziert werden. Dabei wird die Zahl der Punkte neu vergeben bei einzelnen Verstößen, dies wie folgt:
- 3 Punkte bei Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit, sofern die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre angeordnet worden ist
- 2 Punkte bei Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit im Übrigen und „besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeiten“
- 1 Punkt bei sonstigen verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeiten
Die Konsequenzen verteilen sich also wie folgt: Bis zu 3 Punkte passiert nichts, bei 4/5 gibt es eine schriftliche Verwarnung, bei 6/7 kommt zur schriftlichen Ermahnung die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar bei 8 und mehr ist die Fahrerlaubnis zu entziehen (man darf also nicht 8 Punkte haben, sondern nur 7!).
Tilgung
Die Tilgungsfristen werden erheblich vereinfacht, wobei ganz grob gilt:
- 10 Jahre wenn 3 Punkte vergeben wurden
- 5 Jahre wenn 2 Punkte vergeben wurden
- 2 Jahre wenn 1 Punkt vergeben wurde
Umrechnung der Punkte
Besonders spannend ist natürlich die Umrechnung bereits vorhandener Punkte nach dem alten System in das neue Punktesystem. Dies verhält sich wie folgt:
- Aus 1-3 Punkten wird 1 Punkt
- Aus 4-5 Punkten werden 2 Punkte
- Aus 6-7 Punkten werden 3 Punkte
- Aus 8-10 Punkten werden 4 Punkte
- Aus 11-13 Punkten werden 5 Punkte
- Aus 14-15 Punkten werden 6 Punkte
- Aus 16-17 Punkten werden 7 Punkte
- Bei 18+x werden daraus (natürlich) 8 Punkte
Natürlich wird diese Listung reflexartig zu einem „unfair“ Ruf führen, da am Ende etwa jemand mit 3 Punkten so gestellt wird wie jemand mit nur einem 1 Punkt Verstoß, wahrscheinlich wird auch recht schnell die erste Verfassungsbeschwerde folgen. Tatsächlich hat das BVerfG aber in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass es bei Fristen und derartigen Umstellungen nunmal irgendwo einer klaren Grenze bedarf und es in solchen Dingen lediglich eine Willkürkontrolle gibt, die hier wohl Stand halten wird.
Anstatt über dieses Scharmützel nachzudenken, sollte etwas anderes überlegt werden: Aktuell kann noch durch die freiwillige Teilnahme an einem Seminar die vorhandene Punktezahl reduziert werden. So etwa um 4 Punkte (!) wenn man 1-8 Punkte hat, sonst um 2 Punkte wenn man 9-13 Punkte hat. Nun gilt es geschickt zu rechnen, Beispiel: Wer aktuell 7 Punkte hat, erhält in Zukunft 3 Punkte. Durch ein Seminar vor in Kraft treten der Änderung kann er das auf 3 Punkte reduzieren, macht 1 Punkt am Ende nach Umstellung – also 2 Punkte effektiv gespart. Genau so kann rechnen, wer 8-9 Punkte hat oder 11-12 Punkte hat.
Tilgungsfristen
Das bisherige komplexe System der Tilgungsfristen wird geändert, in Zukunft gibt es „starre Fristen“, was es für viele sicherlich einfacher zu verstehen macht. Dabei gelten folgende Fristen zur Tilgung (ab Eintragungszeitpunkt:
- Ordnungswidrigkeit, 1 Punkt: 2,5 Jahre
- Ordnungswidrigkeit, 2 Punkte: 5 Jahre
- Straftat mit 2 Punkten: 5 Jahre
- Straftat mit 3 Punkten: 10 Jahre
Spannend ist hier die Frage, wie der Übergang der Tilgungsfristen geregelt ist. Ich verstehe bisher den neuen §65 StVG so, dass ein gestuftes Modell gilt:
- Was nach altem Recht einzutragen war, nach neuem Recht aber nicht, wird sofort am 01.05.2013 getilgt. (Nr.1)
- Ansonsten gilt bei den übrigen Eintragungen die neue Tilgungsfrist, wobei die bisherige Eintragsdauer angerechnet wird (Nr.2)
- Bei Punkten die wegen Alkoholkonsum eingetragen wurden, gilt zusätzlich eine 5-Jahres-Dauer (Nr.2)
In Kraft treten
Die Änderung sollte 6 Monate nach Verkündung in Kraft treten. Inzwischen steht fest, dass die Reform zum 01.05.2014 in Kraft getreten ist. Wer früher keine Punkte hatte, dem wird es relativ egal sein – wer dagegen Punkte hatte, sollte sich informieren, ob er vor Inkrafttreten noch Maßnahmen etwa zum Punkteabbau ergreifen konnte um hinterher ein wenig zu profitieren.
Links zur Punktereform
Es gibt als Einstiegslektüre: Der Entwurf der Änderung und die Beschlussempfehlung des Ausschusses sowie eine Übersicht beim ADAC
Die verkündete 10. Änerungsverordnung mit der die Reform verkündet wurde finden Sie hier im Bundesgesetzblatt.
- Unfall mit privatem KFZ bei Dienstfahrt – kein Ersatz des Höherstufungsschadens der KFZ-Haftpflichtversicherung - 10. Oktober 2023
- Strafbarkeit nach §315b StGB: gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr - 26. September 2022
- Fahrtenbuch: Wann sind Ermittlungen notwendig - 29. Oktober 2021