Eine gelungene Klarstellung zur Anzahl der Taten bei der Fälschung von Zahlungskarten konnte nun endlich Der Bundesgerichtshof (2 StR 226/18) vornehmen. Es ist insoweit ein Klassiker, wie beim Computerbetrug durch den Einsatz erlangter Zahlungskarten: Am Ende stehen zwar formal betrachtet mehrere einzelne Akte im Raum. Tatsächlich aber stehen dahinter gerade nicht vereinzelte Tatentschlüsse (was Gerichte gerne übersehen), womit die Frage im Raum steht, wie viele Taten nun tatsächlich begangen wurden.
Ausdrücklich ist festzustellen, durch wie viele Handlungen verwendete Kreditkartenfalsifikate erlangt wurden. Wenn alle verwendeten Kreditkartenfälschungen in einem Akt verschafft werden, ist das gesamte Tathandeln lediglich als eine Tat im Rechtssinne zu bewerten, da das Sich-Verschaffen einer gefälschten Kreditkarte (als Vorbereitungsakt) mit dem Gebrauch (als Ausführungsakt) nur eine einzige Tat bildet, wenn der Täter die Karte in der Absicht erwirbt, diese alsbald einzusetzen. Dabei ist es aus Sicht des BGH bereits naheliegend, wenn ein nur kurzer zeitlicher Abstand des Einsatzes der Karten vorliegt, auch wenn es hierbei getrennte einzelne Akte sind.
Grundlegend für diese gesamte Betrachtung ist eine recht alte Entscheidung aus dem Jahr 2005 (BGH, 2 StR 516/04), die wiederum auf eine noch ältere Entscheidung aus dem Jahr 2000 (BGH, 2 StR 314/00) verweist. Hintergrund ist die frühere Rechtsprechung des BGH zum Inverkehrbringen von Falschgeld. So ist es durchaus naheliegend, auf der einen Seite die Beschaffung (als Vorbereitungsakt) mit dem Gebrauch (als Ausführungsakt) als eine einzige Tat der Fälschung von Zahlungskarten einzustufen, analog zum Sichverschaffen und dem Inverkehrbringen von Falschgeld bei der Geldfälschung.
Gerade bei kriminellen Taten mit Zahlungsdaten ist – wie übrigens im Betäubungsmittelrecht – anzuraten, eineng übten Blick auf die Zahl der Taten zu werfen. Gerichte neigen hier gerne dazu, zu viele Taten anzunehmen, obwohl letztlich ein einheitlicher Tatentschluss vorliegt. Das wirkt sich durchaus spürbar auf die Strafhöhe aus und die Revision kann sich lohnen.
Übrigens kommt in diesen Fällen eine Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichter Urkundenfälschung durch Vorlage der gefälschten Kreditkarten nie in Betracht: Das insoweit verwirklichte Unrecht wird durch den Tatbestand des § 152 b Abs. 1 StGB miterfaßt, der gegenüber § 267 Abs. 1 StGB das speziellere Delikt ist (so ausdrücklich schon BGH, 2 StR 516/04). Aber das wird anders zu bewerten sein, wenn zusätzlich eine gefälschte Unterschrift genutzt wird!
Jens Ferner
StrafverteidigerDas bedeutet, das letztlich eine einzelne Tat vorliegt, selbst dann, wenn mehrere gefälschte Zahlungskarten in einem Vorbereitungsakt verschafft wurden. Der BGH fasst insoweit zusammen:
Dann wären alle nachfolgenden Einsätze als Folgehandlungen des Sich-Verschaffens im Sinne einer deliktischen Einheit Teil einer Tat im Rechtssinne (Senat, Be- schluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 243/10, StraFo 2010, 391). Ebenso würde das Herstellen der Falsifikate nur eine Tat im Sinne der §§ 152a, 152b StGB darstellen, wenn es jeweils in einem durchgehenden Arbeitsgang in einem en- gen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang erfolgt (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 – 3 StR 425/04, NStZ 2005, 566; Senat, Beschluss vom 11. August 2011 – 2 StR 91/11, NStZ-RR 2011, 367, 368). Werden Dubletten in der Absicht her- gestellt, sie später zu gebrauchen, werden das Nachmachen und das Gebrau- chen zu einer deliktischen Einheit verbunden.
BGH, 2 StR 226/18
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