Bestimmung des Strafrahmens bei tateinheitlich begangenen Taten

Gerade im Betäubungsmittelstrafrecht stellt sich das Problem, dass tateinheitlich mehrere Taten begangen werden, hierbei unterschiedliche Miderlungsgründe auftreten und dann der Strafrahmen erst einmal richtig zu bestimmen ist. Das kann durchaus knifflig sein: Der konnte sich hierzu im Jahr 2020 nochmals deutlich postieren und bietet damit Gelegenheit, das Thema aufzubereiten.

Grundsätzliche Bestimmung des Strafrahmens

Wenn bei Tateinheit mehrere Strafgesetze verletzt wurden, wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht: Für die Ermittlung der maßgeblichen Strafdrohung gilt hierbei aber nicht die abstrakte Betrachtungsweise in dem Sinne, dass die Regelrahmen der in Betracht kommenden Straftatbestände darüber entscheiden, welches Gesetz die höhere Strafe androht (BGH, 4 StR 136/20).

Maßgeblich ist mit dem BGH vielmehr ein Vergleich der konkret in Betracht kommenden Strafrahmen unter Berücksichtigung von Ausnahmestrafrahmen, etwa dem Vorliegen eines minder schweren oder eines besonders schweren Falls bei dem jeweiligen Delikt (BGH, 4 StR 136/20, 3 StR 373/93, 3 StR 123/03). Es muss also immer konkret der Strafrahmen bestimmt werden, unter Berücksichtigung der jeweils im Raum stehenden Milderungen und Schärfungen.


Wie ist konkret vorzugehen?

Im Kern ist es einfach und kann beispielhaft bei BGH, 4 StR 136/20, nachgelesen werden. Wir gehen von zwei tateinheitlich verwirklichten Delikten aus:

  • Bewaffnete , 5 Jahre – 15 Jahre Strafrahmen
  • Besitz nicht geringer Menge BTM, 1 Jahr – 15 Jahre Strafrahmen

Nun muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob ein jeweiliger minder schwerer Fall vorliegt. Dadurch kann sich eine Verschiebung ergeben:

  • Bewaffnete Einfuhr von BTM, minder schwer 6 Monate – 10 Jahre Strafrahmen
  • Besitz nicht geringer Menge BTM, minder schwer 3 Monate – 5 Jahre Strafrahmen

Trickreich wird es, wenn nun nicht in beiden Fällen ein minder schwerer Fall angenommen wird. Wenn etwa bei der Einfuhr der minder schwere Fall bejaht wird, bei dem Besitz dagegen nicht, hätte man zuerst 6 Monate bis zu 10 Jahre, wegen der Sperrwirkung des §29a Abs.1 dann aber 1 Jahr Untergrenze und immer noch 15 Jahre Obergrenze. Sodann ist daran zu erinnern, dass für die nach dem verdrängenden und dem verdrängten Strafgesetz zu vergleichenden Mindeststrafen eine konkrete Betrachtung vorzunehmen ist, so dass vorliegende spezialgesetzliche oder im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches vorgesehene Strafmilderungsgründe bei den zu vergleichenden Strafrahmen jeweils zu berücksichtigen sind (dazu zusammenfassend BGH, 2 StR 241/20).

An all dem scheiterte in der Eingangs zitierten BGH-Entscheidung dann auch das aufgehobene Landgericht, dass zwar ein Jahr Untergrenze annahm, aber 10 Jahre Obergrenze. Dem BGH war somit nicht klar, was man eigentlich beim Besitz gemacht hat mit dem minder schweren Fall.

Das richtige Vorgehen ist daher schulmässig wie Folgt:

Hiernach hat man den richtigen Strafrahmen pro Tat. Bei Qualifikationen wie den §§29ff. BTMG muss man dann prüfen, ob die Grunddelikte Sperrwirkung entfalten, während man die einzelnen Strafrahmen kombiniert, die konkret bestimmt wurden. Im Urteil muss dabei klargestellt sein, wo man minder schwere Fälle angenommen hat. Dies im Übrigen auch, wenn man sie verneint, da der BGH jedenfalls im Betäubungsmittelstrafrecht grundsätzlich einige Zeilen zur Verneinung des gesetzlich vorgesehenen minder schweren Falls erwartet.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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