Der Bundesgerichtshof äußert sich im Beschluss vom 12. März 2025 (4 StR 523/24) zu einem besonders relevanten Punkt der Strafzumessung im Jugendstrafrecht: dem Verhältnis zwischen den Wertungen des allgemeinen Strafrechts – insbesondere im Hinblick auf minder schwere Fälle und vertypte Milderungsgründe – und der eigenständigen Logik des Jugendstrafrechts.
Klarstellend hält der 4. Strafsenat fest, dass die Strafrahmen und Strafzumessungserwägungen des Erwachsenenstrafrechts im Jugendstrafrecht nicht unmittelbar übernommen, sondern lediglich als orientierende Wertungsmaßstäbe herangezogen werden dürfen. Entscheidend bleibt stets die erzieherische Zielrichtung des Jugendstrafrechts, wie sie sich aus § 18 Abs. 1 und § 105 Abs. 3 Satz 1 JGG ergibt.
Zwar können die Kategorien des Erwachsenenstrafrechts – etwa ein minder schwerer Fall oder eine Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB – Anhaltspunkte für den objektiven Unrechtsgehalt einer Tat liefern, sie sind jedoch im jugendstrafrechtlichen Kontext lediglich „Parallelwertungen“. Diese müssen im Lichte der individuellen Schuld und des Erziehungsbedarfs des Jugendlichen interpretiert und „übersetzt“ werden. Die Frage, ob ein minder schwerer Fall im Erwachsenenstrafrecht vorläge, ist also nicht unmittelbar für die Wahl oder Höhe der Jugendstrafe maßgeblich, sondern gibt lediglich eine Orientierung für die Bewertung des Tatunrechts, die in die jugendstrafrechtliche Gesamtbetrachtung zu integrieren ist.
Im entschiedenen Fall hatten die Strafrichter eine Jugendstrafe allein auf schädliche Neigungen gestützt und sich bei der Strafhöhe ausdrücklich an erzieherischen Gesichtspunkten orientiert. Damit, so der BGH, sei sichergestellt, dass etwaige Wertungsdifferenzen des Erwachsenenstrafrechts keine ausschlaggebende Rolle spielten. Ein Rechtsfehler sei daher – selbst bei hypothetischer Verkennung eines minder schweren Falls im Erwachsenenstrafrecht – ausgeschlossen.
Kurzum: Der BGH bekräftigt die Eigenständigkeit der jugendstrafrechtlichen Strafzumessung und grenzt sie deutlich von der systematisch anders gelagerten Struktur des Erwachsenenstrafrechts ab. Eine nur formale Parallelisierung würde dem pädagogisch-ressourcenorientierten Ansatz des Jugendstrafrechts widersprechen.