Die eingeschränkten intellektuellen Fähigkeiten eines Angeklagten sind kein zwingender Grund, umgehend einen Pflichtverteidiger zu erhalten – zumal es schwierig sein kann, dies nachzuweisen in der Revision. Insbesondere reicht allein ein vielleicht kritisch zu würdigendes Verhalten in der bisherigen Hauptverhandlung nicht aus:
Dies richtet sich nach den geistigen Fähigkeiten des Angeklagten, seinem Gesundheitszustand und den sonstigen Umständen des Falles (vgl. u.a. KG, Beschluss vom 23.02.2016 – 3 Ws 87/16 –, beck online; OLG Hamm, Beschluss vom 14. 8. 2003 – 2 Ss 439/03 –, beck online).
Soweit die Beschwerde insoweit vorbringt, der Angeklagte sei zu seiner Verteidigung aufgrund seiner intellektuellen Kapazität nicht in der Lage, und zur Begründung auf das bisherige Prozessverhalten des Angeklagten abstellt, trägt dies nicht. Zwar kann das Prozessverhalten eines Angeklagten Anhaltspunkt für Zweifel an der Fähigkeit zur Selbstverteidigung begründen, wenn dieses unverständlich oder für ihn nachteilig ist oder die prozessuale Situation verkennt (vgl. Schmitt in: Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, 64. Aufl. 2021, § 140 Rn. 30a m.w.N.) Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Arnsberg hat sich der Angeklagte sowohl zu seiner Person als auch zu dem Anklagevorwurf sachgerecht eingelassen.
Zur Sache hat er sich ausweislich des Urteils sowie des Protokolls zur Hauptverhandlung im Wesentlichen dahingehend eingelassen, es sei zwar richtig, dass er die Scheune ausschließlich genutzt habe. Wie die Maschine dorthin gelangt sei, könne er sich jedoch nicht erklären. Auch daraus, dass der Angeklagte im Rahmen des letzten Wortes keine weiterführenden Angaben mehr gemacht hat, ergibt sich nichts anderes. Soweit im Rahmen der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, der Angeklagte habe seinem Verteidiger die Höhe der gegen ihn verhängten Strafe nicht benennen können, stützt dies ebenfalls Zweifel an der Fähigkeit zur Selbstverteidigung nicht.
Hierfür mag es mannigfaltige Gründe – wie Nervosität zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung – geben, eine geistige Überforderung im der vorausgegangenen Prozesssituation lässt sich hieraus nicht ablesen. Schließlich ergibt sich die Notwendigkeit zur Bestellung eines Pflichtverteidigers auch nicht aus einer Notwendigkeit zur Akteneinsicht im Berufungsverfahren, da diese gemäß § 147 Abs. 6 StPO auch dem Angeklagten gewährt worden wäre.
Oberlandesgericht Hamm, 5 Ws 131/22
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