Der Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12. Juni 2024 (3 StR 108/24) beleuchtet die Auswirkungen von Gesetzesänderungen auf laufende Strafverfahren, insbesondere im Bereich des Betäubungsmittelhandels. In diesem Fall wurde das Cannabisgesetz (KCanG) am 1. April 2024 in Kraft gesetzt, welches mildere Strafen für den Umgang mit Cannabis im Vergleich zum Betäubungsmittelgesetz (BtMG) vorsieht. Der BGH musste entscheiden, wie diese neuen Regelungen auf den vorliegenden Fall anzuwenden sind.
Sachverhalt
Die Angeklagte wurde vom Landgericht Duisburg am 28. November 2023 wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Sie hatte Marihuana, Haschisch und Kokain sowohl für den Eigenkonsum als auch zum gewinnbringenden Weiterverkauf gelagert. Dabei hielt sie einen Baseballschläger und ein Butterflymesser griffbereit, um sie im Falle einer Auseinandersetzung mit Betäubungsmittelabnehmern einzusetzen.
Rechtliche Analyse
Anwendung des neuen Cannabisgesetzes
Nach der Urteilsverkündung trat das Cannabisgesetz (KCanG) in Kraft, welches mildere Strafen für den Handel mit Cannabis im Vergleich zum BtMG vorsieht. Der BGH musste daher prüfen, ob das neue Gesetz auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist und ob es für die Angeklagte milder im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB ist.
Der BGH stellte fest, dass das KCanG für die Angeklagte günstiger sei, da die Strafen für den Umgang mit Cannabis nun milder sind. Das Gericht hob die Verurteilung wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben in zwei Fällen auf und änderte den Schuldspruch für zwei weitere Fälle zu Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis.
Auswirkungen auf die Strafzumessung
Das Landgericht hatte ursprünglich minder schwere Fälle angenommen und die Tat gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG bewertet. Nun muss das Tatgericht bewerten, ob die neuen Umstände des Gesetzes auf den konkreten Fall zutreffen und somit eine mildere Strafe rechtfertigen. Das neue KCanG sieht bei bewaffnetem Handeltreiben mit Cannabis einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor, wenn ein minder schwerer Fall angenommen wird, was im Vergleich zum BtMG mildere Strafen zulässt.
Schuldspruchänderung und Aufhebung der Strafen
Der BGH änderte den Schuldspruch in den Fällen II. 3. und II. 4. der Urteilsgründe und stellte fest, dass die Angeklagte der Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis schuldig ist. Die Einzelstrafen in diesen Fällen wurden aufgehoben, da das KCanG einen milderen Strafrahmen vorgibt. Die Aufhebung der Einzelstrafen entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage, weshalb sie ebenfalls aufgehoben wurde.
Fazit
Der Beschluss des BGH zeigt die Bedeutung der Berücksichtigung neuer Gesetzeslagen bei der Bewertung strafrechtlicher Fälle. Es unterstreicht die Notwendigkeit, dass Tatgerichte bei Gesetzesänderungen eine erneute Bewertung vornehmen müssen, um sicherzustellen, dass Angeklagte die für sie günstigste rechtliche Behandlung erhalten. Dies stärkt die Rechtssicherheit und Gerechtigkeit im Strafrechtssystem.
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