Erstattung von Anwaltskosten bei Bagatell-Ordnungswidrigkeiten

Das konnte sich im Jahr 2019 in zwei Entscheidungen zur Erstattung von Anwaltskosten bei Ordnungswidrigkeiten äussern und hierbei einige Hinweise für die Zukunft geben, was die Erstattung in Bagatelle-Verfahren angeht.

Anwaltskosten sind zu Erstatten bei Ordnungswidrigkeiten über 10 Euro

Grundsätzlich sind Anwaltskosten uz erstatten: Entsprechend § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO gehören die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts grundsätzlich zu den notwendigen Auslagen des Betroffenen – dies unabhängig davon, ob dessen Hinzuziehung durch Umfang und Schwierigkeit der Sache geboten ist (OLG Düsseldorf, 2 Ws 475/89 und LG Aachen unter Berufung auf die Standard-Kommentierung).

In einem gesondert gelagerten Teilbereich der geringen Ordnungswidrigkeiten schafft §109a OWiG Abhilfe, der bestimmt, dass bei einer Bußgeldzumessung in der Höhe bis zu 10 Euro die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nicht zu den notwendigen Auslagen gehören. In solchen Fällen ist es dem Betroffenen hiermit zuzumuten, seine Einwendungen im Bußgeldverfahren selbst vorzubringen (zusammenfassend LG Osnabrück, 26 Qs OWi 20/94 und Landgericht Aachen, 66 Qs 61/18).

Ausnahmsweise Erstattung auch bei Bagatellen

Betroffenen dürfen auch unterhalb der 10 Euro-Grenze nicht schutzlos sein. Darum sieht §109 OWiG vor, dass Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts dann als notwendige Auslagen anzusehen sind, wenn entweder wegen der schwierigen Sach- oder Rechtslage oder der Bedeutung der Sache für den Betroffenen die Beauftragung eines Rechtsanwalts geboten war. Dies bedeutet:

  • Schwierige Sach- oder Rechtslage: Klärung einer schwierigen Rechtsfrage, etwa weil die Frage neu auftaucht oder weil in der bisherigen gerichtlichen Beurteilung Meinungsverschiedenheiten bestehen. Auch ein verwickelter und schwer aufklärbarer Sachverhalt kann die Zuziehung eines Verteidigers nötig machen (siehe BVerfG NJW 1994, 1855), wofür aber (vgl. LG Freiburg NStZ 1990, 288) sich inhaltlich gegenseitig ausschließende Sachverhaltsschilderungen von Zeugen allein nicht ausreichen. Auch dürfen die Schwierigkeiten der Sachaufklärung nicht im Verhalten des Betroffenen oder seines Verteidigers begründet liegen.
  • Bedeutung der Sache für den Betroffenen: Wenn der Ausgang des Bußgeldverfahrens die außergerichtliche oder prozessuale Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beeinflussen kann oder wenn die Entscheidung sonst gestaltend auf die Position des Betroffenen einwirkt.

Handwerker-Parkausweis von grundlegender Bedeutung

Wenn dem Streit um eine Sonder- oder Dauerparkberechtigung innewohnt, so hat die Sache für den betroffenen Handwerker grundsätzliche Bedeutung. So etwa, wenn eine etwaige, einen Parkverstoß bejahende Entscheidung jedenfalls Auswirkung auf die Art und Weise der Nutzbarkeit eines Handwerkerausweises im Stadtgebiet im Hinblick auf das betroffene Fahrzeug und damit gegebenenfalls auch auf die berufliche Tätigkeit des Betroffenen haben könnte (so Landgericht Aachen, 66 Qs 61/18).

Einfachste Formvorschriften reichen nicht

Wenn aber Kern des Verfahrens alleine der Streit um den Zugang des Anhörungsbogens bei einem Betroffenen ist, handelt es sich weder um die Klärung einer schwierigen Rechtsfrage noch wirkt diese Entscheidung gestaltend auf die Position der Betroffenen ein und ist nicht ausreichend um Ausnahmsweise eine Erstattungsbasis zu bilden (Landgericht Aachen, 66 Qs 30/19).

Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)

Rechtsanwalt Dieter Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht und Anwalt in der Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf. Spezialgebiete von RA DF: Verkehrsstrafrecht, Kapitalstrafsachen, Drogendelikte, Sexualstrafrecht und Arbeitsstrafrecht.

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