Warum man bei der Polizei lieber den Mund hält ist beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (9 K 1123/14) schön nachzulesen. Da wurde gegenüber der Polizei der regelmässige Konsum von Cannabis eingeräumt – und das reichte dann, um die Fahrerlaubnis abzuerkennen:
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StVG und § 46 Abs. 1 Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr – FeV -. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG ist die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, eine Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der Inhaber sich als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erweist. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV wiederholt den Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG; in Satz 2 heißt es dazu konkretisierend, dass dies insbesondere gilt, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. Nach Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV besitzt die notwendige Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht, wer Betäubungsmittel (außer Cannabis) eingenommen hat. Nach Ziffer 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV besitzt die notwendige Eignung ferner derjenige nicht, der regelmäßig, d.h. nahezu täglich Cannabis konsumiert hat.
Es spricht aufgrund der Aussage des Klägers im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung gegenüber der Polizei, dass er über 2 bis 3 Monate täglich Cannabis gekauft und abends Joints geraucht habe, alles dafür, dass der Kläger jedenfalls in dieser Zeit regelmäßiger Cannabiskonsument war und folglich seitdem ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist.
Das heisst, es braucht keine Blutprobe man muss auch nicht fahrend am Steuer nach Cannabis-Konsum „erwischt“ werden – bereits das Einräumen eines regelmäßigen Konsumverhaltens bei der Polizei ist ausreichend! Ein gerne begangener Fehler.
Hinweis: Mit Rechtsprechung des BVerwG aus dem Jahr 2019 ist allerdings vor der Entziehung der Fahrerlaubnis erst eine MPU anzuordnen!
Letztlich war in der Sache aber ohnehin nichts zu gewinnen. Denn Cannabis hat eine Sonderrolle, ein einmaliger Cannabis-Konsum etwa muss nicht zwingend zum Verlust der Fahrerlaubnis führen. Anders dann bei allen weiteren Drogen. Wenn dann etwa der Konsum von Amphetaminen zusätzlich eingeräumt ist – und so war es hier – ist die Kiste eh durch:
Seine Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ordnungsverfügung aber auch deshalb ausgeschlossen, weil er in seiner Beschuldigtenvernehmung den mehrfachen Konsum von Amphetamin eingeräumt hat. Denn dort hat er ausgesagt, dass er in letzter Zeit regelmäßig neben Marihuana auch Amphetamin gekauft und sich dieses im Verhältnis 1/3 zu 2/3 mit seiner Ehefrau geteilt habe. Amphetamin stellt gemäß § 1 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz i.V.m. Anlage 3 zum Betäubungsmittelgesetz ein Betäubungsmittel dar, konsumiert hat. Eine bestimmte Mindestkonzentration von Amphetamin im Blut ist für die Kraftfahrungeeignetheit nicht erforderlich. Dies folgt aus dem Wortlaut von Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung, die allein eine Einnahme, nicht aber eine bestimmte Wirkstoffkonzentration im Blut verlangt. Deshalb genügt auch das Eingeständnis des Klägers, Amphetamin konsumiert zu haben.
Daher: Mund halten. Egal wie einfach und „klein“ alles wirkt. Immer wenn es um Betäubungsmittel geht, sind auch weitere Randgebiete zu bedenken – Führerschein, Sorgerecht, Waffenrecht, gewerberechtliche Zuverlässigkeit … es gibt viel zu bedenken und auch bei „klaren Vorwürfen“ umsichtig zu handeln.
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