Beschluss des Kammergerichts Berlin zu Cannabis, EncroChat und der nicht geringen Menge

In dem Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 30. April 2024 werden mehrere bedeutsame Rechtsfragen im Kontext des Umgangs von unter dem neuen Konsumcannabisgesetz (KCanG) behandelt. Das Gericht setzt sich insbesondere mit den folgenden drei Kernthemen auseinander:

  1. Anwendung des Konsumcannabisgesetzes (KCanG): Das Gericht erörtert die Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelungen, die Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel klassifizieren. Dies hat bedeutende Implikationen für den Umgang mit Cannabis im rechtlichen Kontext, insbesondere da bestehende Straftatbestände des Betäubungsmittelgesetzes () den Umgang mit Cannabis nicht mehr erfassen.
  2. Verwertung von -Daten: Die Entscheidung behandelt die Frage, ob und inwiefern Beweismittel, die durch Überwachung des Kommunikationsdienstes EncroChat gewonnen wurden, noch im Strafverfahren verwendet werden dürfen. Das Gericht stellt fest, dass solche Beweise, die sich auf Handel mit Cannabis in nicht geringer Menge beziehen, aufgrund der neuen Gesetzeslage nicht mehr verwertbar sind.
  3. Grenzwert der nicht geringen Menge Cannabis: Das Kammergericht bestätigt den bisherigen rechtlichen Rahmen, der den Grenzwert für die von Cannabis auf 7,5 Gramm THC festlegt. Es werden keine Gründe für eine Neubewertung dieses Grenzwerts gesehen, trotz der legislativen Änderungen durch das KCanG.

Dieser Beschluss des Kammergerichts bietet wichtige Einblicke in die Interpretation und Anwendung des neuen Cannabisgesetzes im Rahmen der strafrechtlichen Praxis.

1. Zum Konsumcannabisgesetz (KCanG)

Das Kammergericht Berlin setzt sich in seinem Beschluss vom 30. April 2024 mit den Auswirkungen der Neuregelung des Cannabisgesetzes auseinander. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes wird Cannabis nicht mehr strafrechtlich als Betäubungsmittel behandelt, was bedeutet, dass die Straftatbestände des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) den Umgang mit Cannabis nicht mehr erfassen.

Diese Änderung hebt die Kriminalisierung des Handels mit Cannabis auf und führt stattdessen spezifische Regelungen im KCanG ein, die den Handel unter bestimmten Bedingungen weiterhin unter Strafe stellen. Die Entscheidung des Gerichts betont, dass durch diese gesetzlichen Änderungen Cannabis aus den Regelungen des BtMG herausgenommen und neue, speziell auf Cannabis zugeschnittene Strafbestimmungen eingeführt wurden.

2. Zur Verwertung von EncroChat-Daten

In Bezug auf die Verwertung der aus EncroChat gewonnenen Daten stellt das Kammergericht klar, dass solche Daten, die sich auf Handel mit Cannabis in nicht geringer Menge beziehen, nach der neuen Rechtslage nicht mehr verwertet werden dürfen.

Die Entscheidung folgt aus der Feststellung, dass die relevanten Taten nach KCanG nicht mehr als Katalogtaten im Sinne von § 100b gelten, welche die Verwendung von mittels Überwachungsmaßnahmen gewonnenen Daten regeln. Diese rechtliche Bewertung beeinflusst die Verwertbarkeit der Beweise erheblich und führt dazu, dass frühere Beweise, die unter anderen gesetzlichen Voraussetzungen gesammelt wurden, unter Umständen nicht mehr im Gerichtsverfahren verwendet werden können.

3. Zum Grenzwert der nicht geringen Menge Cannabis

Das Gericht befasst sich auch mit der Frage des Grenzwerts der nicht geringen Menge von Cannabis. Es bestätigt den bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung, nach der der Grenzwert auf 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) festgelegt ist.

Das Gericht sieht – wie der 1. Senat des BGH – keinen Grund, von dieser Bewertung abzuweichen, selbst angesichts der neuen Gesetzgebung. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Kontinuität in der Rechtsprechung und die Notwendigkeit, eine klare und berechenbare Linie in Bezug auf die Bewertung von Cannabisprodukten beizubehalten, auch wenn sich die rechtlichen Rahmenbedingungen ändern.


Fazit

Der Beschluss des Kammergerichts Berlin markiert einen signifikanten Wendepunkt im Umgang mit Cannabis bezogen auf das Strafrecht, die Verwertung von Überwachungsdaten und die Festlegung der nicht geringen Menge. Er spiegelt die komplexen Wechselwirkungen zwischen gesetzlichen Änderungen und der Rechtsprechung wider und zeigt die Herausforderungen auf, die sich aus der Neuregelung des Cannabisgesetzes für die juristische Praxis ergeben. Die Entscheidung dient als wichtige weitere Referenz für die Auslegung des neuen Cannabisgesetzes und dessen praktische Anwendung im Strafrecht.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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