Mit der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Aufhebungsverträge unwirksam, die bei unfairem Verhandeln des Arbeitgebers zu Stande kommen. Das Landesarbeitsgericht Hamm, 18 Sa 1124/20, konnte sich nun mit der üblichen Drucksituation nach einer Straftat des Arbeitnehmers beschäftigen und hervorheben, dass ein Arbeitgeber dann nicht gegen das Gebot fairen Verhandelns beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages verstösst, wenn
- dieser einen Rechtsanwalt zu den Vertragsverhandlungen hinzuzieht,
- ein Aufhebungsvertrag vorgelegt wird, der nur sofort abgeschlossen werden kann und
- damit „gedroht“ wird, er werde eine fristlose Kündigung aussprechen und Strafanzeige erstatten (sofern dies nicht widerrechtlich sit im Einzelfall)
Zur Wirksamkeit der „Drohung“ mit einer Strafanzeige führt das LAG aus:
Für die Frage, ob eine Drohung widerrechtlich ist, kommt es darauf an, ob der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zweckes ein berechtigtes Interesse hat und die Drohung nach Treu und Glauben noch als ein angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen (LAG Köln, Beschluss v. 04.05.1998 – 11 Ta 15/98).
Die Androhung einer Strafanzeige zum Zwecke der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses ist nur dann als unangemessen und somit rechtswidrig anzusehen, wenn dies das Ergebnis einer Gesamtwürdigung aller Umstände unter besonderer Berücksichtigung der Belange sowohl des Bedrohten als auch des Drohenden ist (vgl. dazu und im Folgenden BAG, Urteil v. 30.01.1986 – 2 AZR 196/85; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 20.01.2016 – 4 Sa 180/15; LAG Hamm, Urteil v. 25.10.2013 – 10 Sa 99/13 m.w.N.). Maßgeblich ist, ob ein verständiger Arbeitgeber eine Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen würde.
Dabei kommt es einerseits auf das Gewicht des erhobenen Vorwurfs an. Andererseits muss das Begehren des Drohenden mit der anzuzeigenden Straftat in einem inneren Zusammenhang stehen. Die Drohung mit einer Strafanzeige zum Zwecke des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages ist jedenfalls dann nicht widerrechtlich, wenn die zur Anzeige zu bringende Straftat zugleich eine Vertragspflichtverletzung von solchem Gewicht darstellt, dass ein verständiger Arbeitgeber eine den Regelungen des Aufhebungsvertrages in etwa entsprechende Kündigung ernsthaft in Betracht ziehen durfte. Der drohende Arbeitgeber muss das dem Arbeitnehmer angelastete Verhalten nicht bereits beweisen können. Es genügt, dass ein verständiger Arbeitgeber bei Ausspruch der Drohung von einem strafbaren Verhalten ausgehen durfte (so BAG, Urteil v. 22.07.2010 – 8 AZR 144/09, im Hinblick auf die Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses).
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