Urheberrechtlicher Schutz eines Eingabe-Formulars

Eingabeformulare (Formulare in Programmen oder auf Webseiten) können tatsächlich einen urheberrechtlichen Schutz genießen, dazu gibt es nunmehr aktuelle Rechtsprechung des OLG Karlsruhe (6 U 46/09) sowie des EUGH (C-393/09). Beide Urteile haben inhaltlich übereinstimmend festgestellt:

  1. Ein eigenständiger Schutz als „Computerprogramm“ nach § kommt nicht in Frage. Das wäre insofern praktisch, da man hier „leichter“ zu einem urheberrechtlichen Schutz kommen würde. Allerdings verneinen OLG Karlsruhe und EUGH das beide gleichermaßen überzeugend. Früher einmal sah das OLG Karlsruhe (6 U 52/94) das anders und gibt die Auffassung heute mit den Worten auf

    Die Bildschirmoberfläche wird durch das Computerprogramm erzeugt, stellt selbst aber kein Computerprogramm oder ein Teil desselben dar und kann daher auch nicht als dessen Ausdrucksform angesehen werden.

    Der EUGH dazu ausführlich:

    Wie der Generalanwalt in Nr. 61 seiner Schlussanträge ausführt, muss jede Ausdrucksform eines Computerprogramms ab dem Moment geschützt sein, ab dem ihre Vervielfältigung die Vervielfältigung des Computerprogramms zur Folge hätte und auf diese Weise der Computer zur Ausführung seiner Funktion veranlasst werden könnte.

    Gemäß der zehnten und der elften Begründungserwägung der 91/250 sind Schnittstellen Teile des Computerprogramms, die eine Verbindung und Interaktion zwischen den Elementen von Software und Hardware ermöglichen sollen und ebenso mit den Benutzern, damit sie wie beabsichtigt funktionieren können.

    Die grafische Benutzeroberfläche ist eine Interaktionsschnittstelle, die eine Kommunikation zwischen dem Computerprogramm und dem Benutzer ermöglicht.

    Daher ermöglicht es die grafische Benutzeroberfläche nicht, das Computerprogramm zu vervielfältigen, sondern stellt lediglich ein Element dieses Programms dar, mittels dessen die Benutzer die Funktionen dieses Programms nutzen.

    Folglich stellt diese Schnittstelle keine Ausdrucksform eines Computerprogramms im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/250 dar und kann demnach nicht in den Genuss des spezifischen Schutzes durch das Urheberrecht für Computerprogramme nach dieser Richtlinie gelangen.

  2. Allerdings kann ein Eingabeformular in seiner Form und Gestaltung selbstverständlich urheberrechtlichen Schutz genießen (in diesem Fall in Deutschland speziell nach §2 I Nr.7 UrhG, der auch Formulare erfasst): Wenn es die erforderliche aufweist. Hier sind die üblichen Anforderungen zu stellen und das OLG Karlsruhe macht deutlich, dass die durchaus hoch sind. Insbesondere ist zu verhindern, dass eine Software erdenkliche andere Software-Produkte „verdrängt“ nur weil es als erstes mit einem bestimmten Eingabeformular auf den Markt gekommen ist. Das OLG verlangt hier eine individuelle Leistung, die über das „rein handwerkliche hinausgeht“.
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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