Wenn die Produkte, die Gegenstand des Kartells waren, von einem vertikal integrierten Unternehmen außerhalb des EWR in Endprodukte eingebaut wurden, kann die Kommission bei der Berechnung der Geldbuße, die gegen dieses Unternehmen wegen des Kartells zu verhängen ist, die Verkäufe dieser Endprodukte an Drittunternehmen im EWR berücksichtigen, so der EuGH (C-231/14 P).
Sachverhalt
Im Jahr 2010 verhängte die Kommission gegen sechs koreanische und taiwanische Hersteller von Flüssigkristallanzeigen (LCD) wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell von 2001 bis 2006 Geldbußen in Höhe von insgesamt 648,925 Mio. Euro. LCD-Panels sind der Hauptbestandteil von Flachbildschirmen für Fernseher und Computer. Eine der höchsten Geldbußen (300 Millionen Euro) wurde gegen das taiwanesische Unternehmen InnoLux verhängt. Das Gericht der Europäischen Union hat die entsprechende Entscheidung der Kommission 2014 im Wesentlichen bestätigt, die gegen InnoLux verhängte Geldbuße jedoch auf 288 Millionen Euro reduziert.
InnoLux legte daraufhin Rechtsmittel beim Gerichtshof ein.3 Sie begehrt im Wesentlichen eine weitergehende Herabsetzung der Geldbuße. Sie rügt, dass das Gericht in den bei der Bußgeldberechnung zugrunde gelegten Umsatz auch die im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verkauften Endprodukte einbezogen habe, in die ihre außerhalb des EWR ansässigen Tochtergesellschaften die streitigen LCDs eingebaut hätten. Die auf dem Markt für Endprodukte erzielten Umsätze stünden jedoch in keinem Zusammenhang mit dem Kartell auf dem LCD-Markt.
Entscheidung des EuGH
In seinem Urteil stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass die streitigen Umsätze nicht auf dem Markt für LCDs, sondern auf dem Markt für Endprodukte mit LCDs erzielt wurden. Er stellt jedoch fest, dass diese Umsätze aufgrund der Auswirkungen des kartellisierten Preises für die eingebauten LCDs geeignet sind, den Wettbewerb auf dem Markt für Endprodukte im EWR zu beeinträchtigen, und daher mit dem fraglichen Kartell in Zusammenhang stehen.
Der Gerichtshof weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass vertikal integrierte Unternehmen auf dem Markt für Endprodukte, in die kartellierte Produkte eingebaut werden, auf zweierlei Weise von dem Kartell profitieren können: Entweder geben sie die durch die Zuwiderhandlung verursachten Preiserhöhungen bei den Ausgangsstoffen auf den Preis der Endprodukte weiter, oder sie geben sie nicht weiter, was zur Folge hat, dass sie einen Kostenvorteil gegenüber den Wettbewerbern erlangen, die die gleichen Ausgangsstoffe auf dem Markt der von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte beziehen.
Der Gerichtshof kommt daher ebenso wie das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Kommission bei der Berechnung der Geldbuße den Umsatz mit Endprodukten, in die LCDs eingebaut sind, in Höhe des Werts der LCDs berücksichtigen durfte.
Andernfalls würde die wirtschaftliche Bedeutung der von einem Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung künstlich verringert und gegen dieses Unternehmen eine Geldbuße verhängt, die in keinem wirklichen Verhältnis zur Tragweite des Kartells und zur Rolle dieses Unternehmens auf dem Markt der Produkte stünde, auf die sich die Zuwiderhandlung bezieht, so dass im Ergebnis vertikal integrierte Unternehmen, die die von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte in ihren Produktionsstätten außerhalb des EWR in Endprodukte einbauen, begünstigt würden.
Der Gerichtshof bestätigt ferner, dass die Kommission hinsichtlich der von den Kartellmitgliedern erzielten Umsätze danach differenzieren durfte, ob die Kartellmitglieder mit den Unternehmen, die die betreffenden Produkte in Endprodukte einbauen, ein einziges Unternehmen bilden. Kartellteilnehmer, die wie InnoLux mit diesen Unternehmen ein einheitliches Unternehmen bilden, befinden sich nämlich objektiv in einer anderen Lage als diejenigen, die gegenüber diesen Unternehmen ein getrenntes Unternehmen bilden.
Schließlich weist der Gerichtshof das Vorbringen von InnoLux zurück, die Kommission habe dadurch die Grenzen ihrer räumlichen Zuständigkeit überschritten, dass sie bei der Berechnung der Geldbuße den Umsatz berücksichtigt habe, den InnoLux im EWR mit Endprodukten erzielt habe, in die LCD eingebaut gewesen seien, die Gegenstand interner Verkäufe außerhalb des EWR gewesen seien. Insoweit sei die Kommission für die Anwendung von Art. 101 AEUV auf das fragliche Kartell zuständig gewesen, da die Kartellteilnehmer das Kartell mit weltweiter Reichweite im EWR durchgeführt hätten.
Reichweite im EWR durchgeführt haben, indem sie dort LCDs direkt an dritte Unternehmen verkauft haben. Bei der Bußgeldbemessung müsse der zugrunde gelegte Umsatz jedoch die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das Gewicht von InnoLux darin widerspiegeln, was im vorliegenden Fall die Berücksichtigung des Umsatzes mit den fraglichen Endprodukten rechtfertige.
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