Titel: Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten (Achtung: Enthält auch den neuen Tatbestand der Datenhehlerei!)
Status: Beschlossen im Bundestag am 16.10.2015, Verkündung im Gesetzblatt am 17.12.2015 und in Kraft getreten am 18.12.2015
Beratungsverlauf
Unter der Drucksache 17/14362 wurde im Jahr 2013 ein Gesetzentwurf vorgestellt, der sich aber Erledigt hat wegen des Ablaufs der Wahlperiode des damaligen Bundestages. Im Jahr 2015 wurde er sodann als Drucksache 18/5088 erneut aufgegriffen. Dabei geht es vornehmlich um die Einführung der Strafbarkeit der Datenhehlerei sowie um die Wiedereinführung der so genannten Vorratsdatenspeicherung.
Am 16. Oktober wurde der Gesetzentwurf mit nur einer Änderung bei 404 Stimmen aus Reihen von CDU und SPD sodann beschlossen. Als Änderung wurde lediglich eine Evaluierungsklausel aufgenommen, die sich in der Beschlussempfehlung des Ausschusses findet.
Links
Zum Gesetz 2015
- Dokumentation im Bundestag 2013: Zu finden hier
- Dokumentation im Bundestag 2015: Zu finden hier
- Tagesordnung für die Abstimmung am 16.10.2015 bei Bundestag.de
- Rechtspolitische Kritik an der Datenhehlerei: Buermeyer in der SZ
- Rechtspolitischer Beitrag zur Vorratsdatenspeicherung: Zeit-Online
- Zusammenfassung bei CR-Online
Zum Gesetz 2007
- Dokumentation im Bundestag 2007: Zu finden hier
- BGBl: Verkündetes Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung 2007
- BVerfG: Bundesverfassungsgericht zur Vorratsdatenspeicherung 2010 (Verkündung im BGBl)
Aus der Zielsetzung des Gesetzes
Bei der Aufklärung schwerer Straftaten und bei der Gefahrenabwehr sind Ver- kehrsdaten ein wichtiges Hilfsmittel für die staatlichen Behörden. Unter Ver- kehrsdaten im Sinne des § 96 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) versteht man die Daten, die bei einer Telekommunikation anfallen, also zum Beispiel die Rufnummer der beteiligten Anschlüsse sowie Zeit und Ort eines Gesprächs. Es geht nicht um die Inhalte der Telekommunikation, sondern um die Frage, ob und wann Telekommunikation überhaupt stattgefunden hat. Gegenwärtig können die Strafverfolgungsbehörden auf der Grundlage von § 100g der Strafprozessordnung (StPO) Verkehrsdaten bei den Telekommunikationsunternehmen bei Vorliegen eines Anfangsverdachts und entsprechender richterlicher Anordnung erheben. Dies gilt jedoch nur für zukünftig anfallende Daten sowie für Daten, die zum Zeit- punkt der Anfrage noch gespeichert sind, zum Beispiel, weil sie aus geschäftli- chen Gründen noch benötigt werden. Die Speicherdauer ist bei den einzelnen Un- ternehmen unterschiedlich und reicht von sehr wenigen Tagen bis zu vielen Mo- naten. Es ist daher vom Zufall abhängig, ob Verkehrsdaten zum Zeitpunkt der Anfrage noch vorhanden sind oder nicht. Dies führt zu Lücken bei der Strafver- folgung und bei der Gefahrenabwehr und kann im Einzelfall dazu führen, dass strafrechtliche Ermittlungen ohne Erfolg bleiben, weil weitere Ermittlungsansätze nicht vorhanden sind.
Dieser Zustand ist mit der Bedeutung, die einer effektiven Strafverfolgung zu- kommt, nur schwer zu vereinbaren. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt das verfassungsrechtliche Gebot einer effektiven Strafverfolgung hervorgehoben, das Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafver- fahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet (BVerfGE 129, 208 m. w. N.). Um diesen Zustand zu ändern, ist die Ein- führung einer gesetzlichen Pflicht zur Speicherung von Verkehrsdaten durch die Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste erforderlich. Al- lerdings unterliegt eine entsprechende Regelung wegen der mit ihr verbundenen Grundrechtseingriffe strengen Anforderungen hinsichtlich des Umfangs der ge- speicherten Daten sowie der Datenverwendung. Sie ist auf das absolut Notwen- dige zu beschränken. Hinsichtlich der Datensicherheit muss ein hoher Standard normenklar und verbindlich vorgegeben werden.
Dies war bei den bisherigen Regelungen zur Einführung einer Speicherpflicht zur Strafverfolgungsvorsorge und zur Gefahrenabwehr auf europäischer wie auf na- tionaler Ebene nicht der Fall. Daher hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 2. März 2010 (BVerfGE 125, 260) die §§ 113a und 113b TKG und auch § 100g Absatz 1 Satz 1 StPO, soweit danach Verkehrsdaten nach § 113a TKG erhoben werden durften, wegen Verstoßes gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grund- gesetzes (GG) für nichtig erklärt und damit im Ergebnis die maßgeblichen Rege- lungen zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 54) aufge- hoben. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat am 8. April 2014 die Richt- linie 2006/24/EG für ungültig erklärt (verbundene Rechtssachen C-293/12 und C- 594/12, EuZW 2014, 459), weil sie die Grundrechte aus den Artikeln 7 und 8 der Grundrechtecharta der Europäischen Union in unverhältnismäßigem Umfang einschränkte.
- Operation „Final Exchange“: Schlag gegen Cyberkriminellen-Szene rund um Kryptowährungen - 10. Oktober 2024
- Captagon im deutschen Strafrecht: Ein Überblick - 8. Oktober 2024
- Perfctl: Neue, heimtückische Malware, die Millionen von Linux-Servern bedroht - 7. Oktober 2024