Software: Anspruch auf Übergabe von Quelltext

Besteht ein Anspruch auf Überlassung des Quelltextes: In seiner bisher wohl einzigen Entscheidung zur Frage, ob bei einer im Rahmen eines Werkvertrages erstellten Software der Quelltext zu überlassen ist, hat sich der (X ZR 129/01) differenziert geäußert.

Anspruch auf Überlassung des Quelltextes

Dabei funktioniert es nicht so, dass man die Herausgabepflicht eines Quelltextes „einfach so“ annehmen kann. Wenn nicht ausdrücklich etwas zur Handhabung des Quelltextes vereinbart ist, kommt es immer auf eine wertende Betrachtung an. Insoweit muss man alle Umstände und die Interessenlage der Parteien berücksichtigen, wobei auch eine Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses eine Rolle spielt.

Bei diesem ist mit dem BGH übrigens ausdrücklich nicht darauf abzustellen, was ein (gerichtlicher) als Entwicklungsaufwand für erforderlich gehalten hat! Vielmehr ist zu beurteilen, wie die Vertragsparteien das Preis-Leistungs-Verhältnis eingeschätzt haben.

Als zu berücksichtigende Faktoren führt der BGH insbesondere auf:

  • ob die Software weiter zu vermarkten war bzw. dies beabsichtigt war;
  • ob für Fehlerbeseitigungs-, Wartungs- und Änderungsarbeiten an der Software die Überlassung des Quellcodes erforderlich war;
  • welche Vergütung vereinbart war, wobei die Kostenkalkulation des Software-Anbieters mitzuberücksichtigen ist

Aus diesen Umständen sind dann Rückschlüsse dahinzuziehen, ob die Preisgestaltung dafür oder dagegen spricht, dass die Überlassung des Quellcodes vereinbart war. Es geht also um eine wertende Betrachtung, mit der für alle Beteiligten ein erhebliches Risiko einhergeht, da hier am Ende die Überzeugung des Gerichts ausschlaggebend ist. Hier muss die entsprechende Überzeugungsarbeit geleistet werden, die man nicht unterschätzen darf.

Hintergründe der Softwareüberlassung betrachten

Die obigen Ausführungen gelten für Werkverträge und sind – vorbehaltlich individuell getroffener Vereinbarungen – außen vor zu lassen beim hinsichtlich Standardsoftware. Wer sich ein Standard-Office-Produkt kauft bekommt keinen Quelltext. Nochmal komplexer wird es dagegen, wenn eine Mischung vorliegt: Also eine Standardsoftware mit individuell erstellten Erweiterungen angeboten wird. Je nach Individualität der Erweiterungen sind obige Ausführungen dann jedenfalls hinsichtlich der Erweiterungen heran zu ziehen.

Quelltext: Vertraglich vereinbaren was zu tun ist

Auch wenn der Hinweis profan klingt – er ist es nicht: Klären Sie, egal auf welcher Seite Sie stehen, direkt zu Beginn, was mit dem Quelltext der Software geschehen soll. Also schreiben Sie ausdrücklich in den Vertrag, dass eine Überlassung oder nicht geschuldet ist. Wenn sich hier Streit ergibt, ziehen Sie den sich ohnehin ergebenden Konflikt nur vor.

Und wenn man tatsächlich nicht zueinander findet, kann immer noch eine Kompromisslösung gefunden werden, etwa indem man Hinterlegung des Quelltextes vornimmt, der unter klar konturierten Bedingungen zu überlassen ist, hier bieten sich sogenannte Escrow-Vereinbarungen an. Dem Bedürfnis des Programmierers nach mangelnder Ausbeutung kann man durch ein individuell zugeschnittenes System an Nutzungsrechten vorbeugen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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