Was ist ein Schuldanerkenntnis? Es gibt das gesetzlich geregelte abstrakte Schuldanerkenntnis sowie das daneben stehende deklaratorische Schuldanerkenntnis, ergänzt durch ein „tatsächliches Anerkenntnis„:
- Ein abstraktes Schuldanerkenntnis liegt ausschliesslich vor, wenn die Auslegung der Erklärung ergibt, dass die Verpflichtung nach dem Willen der Parteien neben der Grundverpflichtung begründet werden soll. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Verpflichtung von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen losgelöst und rein auf den Leistungswillen des Schuldners gestellt werden soll, so dass der Gläubiger sich zur Begründung seines Anspruchs nur auf das Versprechen zu berufen braucht. Der Parteiwille darf nicht nur auf die Bestätigung einer bestehenden Verpflichtung oder Schaffung einer Beweisurkunde, sondern muss auf die Begründung einer vom Grundgeschäft losgelösten Verpflichtung wenigstens dem Grunde nach gerichtet sein. Das bedeutet, wenn der Verpflichtungsgrund benannt wird, spricht dies bereits gegen ein abstraktes Schuldanerkenntnis (siehe OLG München, 23 U 3926/14).
- Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis liegt vor, wenn die Parteien ein Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen wollen. Die Parteien müssen insbesondere nach den konkreten Umständen einen besonderen Anlass für die Bestätigung haben.
- Daneben gibt es noch ein drittes („tatsächliches“) Anerkenntnis, das mit dem BGH keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen des Schuldners verkörpert, sondern das der Schuldner zu dem Zweck abgibt, dem Gläubiger seine Erfüllungsbereitschaft mitzuteilen und ihn dadurch etwa von sofortigen Maßnahmen abzuhalten oder ihm den Beweis zu erleichtern. Solche „als Zeugnis des Anerkennenden gegen sich selbst“ zu wertenden Bestätigungserklärungen können im Prozess eine Umkehr der Beweislast bewirken und stellen dabei ein Indiz dar, das der Richter – mit der gleichzeitigen Möglichkeit einer Entkräftung – bei seiner Beweiswürdigung verwerten kann (BGH, VIII ZR 265/07). Dabei gilt eine auch vorbehaltlose Zahlung nicht automatisch als Anerkenntnis.
Im Gegensatz zu einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis, welches eine bereits bestehende Schuld bestätigen und bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Einwendungen ausschließen oder beseitigen soll, schafft das konstitutive Schuldanerkenntnis also einen neuen, selbstständigen Schuldgrund. Im Gegensatz zum deklaratorischen Schuldanerkenntnis kann daher das konstitutive Schuldanerkenntnis nach den Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung zurückgefordert werden, wenn es ohne Rechtsgrund erlangt wurde. Ob es sich um ein deklaratorisches oder ein konstitutives Schuldanerkenntnis handelt, ist durch Auslegung zu ermitteln.
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Ob dann ein Schuldanerkenntnisvertrag im Sinne des § 781 BGB im jeweiligen Fall nach dem Willen der Vertragschließenden den endgültigen Ausschluss etwaiger bis dahin begründeter Einwendungen zur Folge haben soll, ist eine Frage der Auslegung, die in erster Linie vom Tatrichter zu beantworten ist. Diese Frage ist besonders relevant, da der Schuldner dann mit seiner Gegenwehr abgeschnitten wäre. Ob am Ende der Gläubiger das Anerkenntnis behalten darf oder der Schuldner es zurückfordern darf, ist nach Sinn und Zweck des Anerkenntnisses zu entscheiden
Deklaratorisches Schuldanerkenntnis
Durch das deklaratorische Schuldanerkenntnis wird ein bestehendes Schuldverhältnis lediglich bestätigt: Es soll ein Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Bestimmungen dem Streit oder der Ungewissheit entziehen, indem es die Berufung auf das Fehlen anspruchsbegründender Tatsachen und das Bestehen rechtshindernder wie -vernichtender Einwendungen und Einreden ausschließt, soweit sie bei Abgabe des Anerkenntnisses bestanden und dem Anerkennenden bekannt waren oder er mit ihnen rechnete.
Das deklaratorische Schuldanerkenntnis braucht sich zwar nicht auf einen ziffernmäßigen Betrag zu beziehen, es genügt, wenn die Ersatzpflicht dem Grunde oder dem Verschulden nach anerkannt wird. Es muss hierbei aber der vertraglich bestätigte Anspruch aus dem zugrundeliegenden Sachverhalt auf irgendeine Weise hergeleitet werden können.
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Verständnis als Schuldanerkenntnis
Auf keinen Fall darf übersehen werden, dass es ohne Feststellung näherer Umstände keine Vermutung für die Abgabe eines Anerkenntnisses gibt. Die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Anerkenntnis setzt vielmehr in der Regel eine Interessenlage voraus, die zur Abgabe eines Anerkenntnisses Anlass gibt. Eine solche Interessenlage kann namentlich darin liegen, ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis einem Streit oder zumindest einer (subjektiven) Ungewissheit über den Bestand des Rechtsverhältnisses oder seine Rechtsfolgen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen zu entziehen (BGH, VIII ZR 265/07).
Vorschnelle Erklärung als Schuldanerkenntnis
Mündliche Äußerungen, die in der ersten Aufregung an einer Unfallstelle abgegeben werden, können im Allgemeinen nicht als rechtsverbindliche Anerkenntniserklärung gewertet werden, sondern haben nur als unüberlegte Beruhigungen für den Verletzten zu gelten. Für das Schaffen eines neuen Schuldgrundes besteht unmittelbar nach dem Unfallgeschehen kein Anlass. Regelmäßig sind Äußerungen zur Verursachung oder zum Verschulden des Verkehrsunfalls durch die Aufregung nach dem Unfall veranlasst und nicht Ausdruck des Willens, eine – versicherungsvertragrechtliche bedenkliche – rechtsverbindliche Erklärung abzugeben. Selbiges, wenn man nach der Verletzung einer Person spontan erklärt sich anzuzeigen (zu alledem: Oberlandesgericht Hamm, 7 U 90/20).
Rückforderung nach abstraktem Schuldanerkenntnis
Ein Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB begründet ein selbständiges, von den zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen losgelöstes Schuldverhältnis, das für sich allein eine ausreichende Grundlage für den anerkannten Anspruch bildet. Jene Rechtsbeziehungen, die zur Abgabe des Anerkenntnisses geführt haben, stellen aber dessen Rechtsgrund dar, was zur Folge hat, daß, wenn sie den anerkannten Leistungsanspruch nicht rechtfertigen, das Anerkenntnis gemäß § 812 Abs. 2 BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung mit dem Bundesgerichtshof zurückgefordert werden kann (zusammenfassend BGH, IX ZR 43/99).
Ein solcher Bereicherungsanspruch kommt aber dann nicht in Betracht, wenn die Parteien mit dem Anerkenntnisvertrag einen Streit oder eine Unsicherheit über den Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses beenden und ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen des anerkannten Anspruchs eine klare Rechtslage schaffen wollten (BGH, IV ZR 1199/68, III ZR 35/85).
Ist dies der Fall, dann unterscheidet sich der konstitutive Schuldbestätigungsvertrag vom sogenannten „deklaratorischen“ Schuldaner- kenntnis nur dadurch, daß er im Gegensatz zu diesem „abstrakt“ ist, also einen selbständigen Anspruchsgrund bildet. Der die Rückforderungsmöglichkeit nach § 812 Abs. 2 BGB beseitigende Einwendungsausschluß setzt wie beim deklaratorischen Schuldanerkenntnis einen Streit oder doch eine subjektive Ungewißheit der Parteien über das Bestehen der Schuld oder über einzelne rechtlich erhebliche Punkte voraus; insofern wirken solche einwendungsausschließenden Anerkenntnisverträge wie ein Vergleich (siehe BGH, IX ZR 43/99).
Übrigens: Rechtsgrund für das Schuldanerkenntnis kann nicht das Schuldanerkenntnis selbst sein. Dies wäre ein Zirkelschluss. Rechtsgrund für das Behalten-Dürfen einer Leistung kann nur ein außerhalb der Leistung liegender Umstand, nicht die Leistung selbst sein – sonst wäre § 812 BGB überflüssig (schön pointiert von AG Halle/Saale, 93 C 120/13).
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