OLG Köln: Anforderungen an die Verhängung von Jugendarrest nach § 16a JGG

Das Oberlandesgericht Köln (III-1 ORs 199/24) hat in einem Beschluss vom 28. November 2024 wichtige Klarstellungen zur Verhängung von Jugendarrest nach § 16a JGG getroffen. Der Fall wurde im Rahmen einer von mir geführten Revision entschieden und verdeutlicht, welche hohen Anforderungen Gerichte an die Begründung des sogenannten „Kopplungsarrests“ stellen müssen.

Der Fall: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

Das Amtsgericht Eschweiler hatte einen Angeklagten, der bereits mehrfach straffällig geworden war, zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Zusätzlich verhängte das Gericht einen Freizeitarrest von zwei Wochenenden gemäß § 16a JGG, um eine „nachdrücklichere erzieherische Einwirkung“ zu erzielen. Die Entscheidung wurde jedoch im Revisionsverfahren teilweise aufgehoben.

Die Entscheidung des OLG Köln

Das OLG Köln hob den Ausspruch über den Jugendarrest auf und verwies die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurück. Der Grund: Das Amtsgericht hatte die Anforderungen an die Begründung des Kopplungsarrests nicht hinreichend beachtet. Nach § 16a JGG darf Jugendarrest nur unter strengen Voraussetzungen verhängt werden, insbesondere wenn mildere Mittel zur Erreichung des Erziehungszwecks nicht ausreichen.

  1. Verhältnismäßigkeitsprüfung: Der Arrest ist nur zulässig, wenn er geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist. Das Amtsgericht hatte keine ausreichende Abwägung vorgenommen, ob der Arrest wirklich notwendig war, um den Angeklagten zu erziehen. Alternativen wie Weisungen oder Auflagen (§ 10 und § 15 JGG) wurden nicht hinreichend geprüft.
  2. Subsidiaritätsprinzip: Der Jugendarrest darf nur das letzte Mittel sein. Das Gericht hatte sich auf frühere Verstöße des Angeklagten gegen Bewährungsauflagen berufen, ohne detailliert darzulegen, ob und wie diese Verstöße den Arrest rechtfertigen. Insbesondere blieb unklar, ob der Angeklagte frühere Arreststrafen vollständig verbüßt hatte und ob diese erfolgreich waren.
  3. Erforderlichkeit konkreter Begründung: Die bloße Hoffnung des Amtsgerichts, dass der Arrest die Zusammenarbeit des Angeklagten mit der Bewährungshilfe verbessern würde, genügte dem OLG nicht. Es fehlten konkrete Ausführungen zur individuellen Einwirkungsbedürftigkeit und zur Gestaltung des Arrestvollzugs.

Bedeutung der Entscheidung

Der Beschluss des OLG Köln unterstreicht, dass die Verhängung von Jugendarrest keine pauschale Maßnahme sein darf. Gerichte sind verpflichtet, detailliert zu prüfen und darzulegen, warum mildere Maßnahmen nicht ausreichen und der Arrest als erzieherische Maßnahme notwendig ist. Damit wird dem gesetzlichen Grundsatz Rechnung getragen, dass der Arrest als ultima ratio nur in Ausnahmefällen verhängt werden soll.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Köln stellt eine klare Richtschnur für die Anwendung von § 16a JGG dar und schützt Jugendliche vor unverhältnismäßigen Eingriffen in ihre Freiheitsrechte. Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, im Jugendstrafrecht die individuellen Umstände jedes Einzelfalls zu berücksichtigen und Eingriffe sorgsam zu begründen – und dass hier profunde Kenntnisse des JGG wichtig sind, um einzelne Maßnahmen zu beurteilen.


Falls Du Ergänzungen oder Änderungen wünschst, lass es mich wissen!

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Rechtsanwalt Jens Ferner ist Spezialist für Strafverteidigung (insbesondere bei Wirtschaftskriminalität wie Geldwäsche, Betrug bis zu Cybercrime) sowie für IT-Recht (Softwarerecht und KI, IT-Vertragsrecht und Compliance) mit zahlreichen Publikationen. Als Fachanwalt für Strafrecht und IT-Recht vertrete ich Mandanten in komplexen Zivil- und Strafverfahren, insbesondere bei streitigen Fragen im Softwarerecht, bei der Abwehr von strafrechtlichen Vorwürfen oder Ansprüchen in der Managerhaftung sowie bei der Einziehung von Vermögenswerten. Mein Fokus liegt auf der Schnittstelle zwischen technischem Verständnis und juristischer Strategie, um Sie in digitalen Fällen und wirtschaftlichen Strafsachen effektiv zu verteidigen und zu beraten.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

Unsere Anwaltskanzlei ist spezialisiert auf Strafverteidigung, Cybercrime, Wirtschaftsstrafrecht samt Steuerstrafrecht sowie IT-Recht und Managerhaftung. Von Verbrauchern werden allein Strafverteidigungen übernommen - wir sind im Raum Aachen zu finden und bundesweit tätig.
Rechtsanwalt Jens Ferner
Rechtsanwalt Jens Ferner

Von Rechtsanwalt Jens Ferner

Rechtsanwalt Jens Ferner ist Spezialist für Strafverteidigung (insbesondere bei Wirtschaftskriminalität wie Geldwäsche, Betrug bis zu Cybercrime) sowie für IT-Recht (Softwarerecht und KI, IT-Vertragsrecht und Compliance) mit zahlreichen Publikationen. Als Fachanwalt für Strafrecht und IT-Recht vertrete ich Mandanten in komplexen Zivil- und Strafverfahren, insbesondere bei streitigen Fragen im Softwarerecht, bei der Abwehr von strafrechtlichen Vorwürfen oder Ansprüchen in der Managerhaftung sowie bei der Einziehung von Vermögenswerten. Mein Fokus liegt auf der Schnittstelle zwischen technischem Verständnis und juristischer Strategie, um Sie in digitalen Fällen und wirtschaftlichen Strafsachen effektiv zu verteidigen und zu beraten.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

Unsere Anwaltskanzlei ist spezialisiert auf Strafverteidigung, Cybercrime, Wirtschaftsstrafrecht samt Steuerstrafrecht sowie IT-Recht und Managerhaftung. Von Verbrauchern werden allein Strafverteidigungen übernommen - wir sind im Raum Aachen zu finden und bundesweit tätig.