Ich war skeptisch und habe mich am Ende tatsächlich geirrt: Das OLG Hamm (4 U 145/11) hat ausweislich der nun vorliegenden Urteilsbegründung tatsächlich entschieden, dass ein Vertrag auf ebay bereits mit Abgabe des jeweiligen Gebotes (und nicht erst mit Auktionsende!) zu Stande kommt.
Hinweis: Diese Rechtsprechung ist meines Erachtens auf Grund danach ergangener Rechtsprechung des BGH überholt (dazu hier). Die allgemeinen Grundsätze zum Vertragsschluss auf eBay finden Sie hier bei uns.
Aus der Entscheidung:
Denn bei Verträgen der genannten Art auf der Online-Handelsplattform X kommt der Vertrag (schon) dadurch zustande, dass der Verkäufer durch die Freischaltung der Artikelbeschreibung ein verbindliches Angebot unter Bestimmung einer Frist nach § 148 BGB abgibt, das der Käufer bei einer solchen Online-Auktion durch die Abgabe des Gebotes annimmt. Hieraus folgt, dass der Vertrag (bereits) mit der Abgabe des Gebotes durch den Käufer zustande kommt. Die vertragliche Bindung beruht damit nicht auf dem Ablauf der Auktionsfrist, sondern auf den innerhalb der Laufzeit abgegebenen Willenserklärungen der Parteien. Die verbindliche Annahmeerklärung des Käufers erlischt gemäß § 158 Abs. 2 BGB nur dann, wenn ein Dritter während der Angebotsdauer ein höheres Angebot abgibt, was sich auch aus § 10 Ziffer 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Online-Handelsplattform X ergibt (BGH, Urt. v. 03.11.2004 – VIII ZR 375/03, NJW 2005, 53).
Das dort geschriebene bedeutet, dass derjenige, der ein Gebot abgibt, dies unter die auflösende Bedingung (das ist §158 II BGB) stellt, das kein weiteres, höheres Gebot erfolgt. Ich sehe das bekanntlich anders (hier habe ich den Vertragsschluss an Hand der bisherigen BGH-Rechtsprechung dargestellt) und bin weiterhin skeptisch, zumal das OLG Hamm im Wettbewerbs- und IT-Recht einen eher durchwachsenen Ruf hat. Es bleibt abzuwarten, welchen Weg die Rechtsprechung geht – jedenfalls liegt nun ein erstes OLG-Urteil vor.
Fraglich wird sein, welche Bedeutung dieser verfrühte Vertragsschluss haben könnte. Hinsichtlich der Rücknahme von Angeboten ist ohnehin zu sehen, dass hier harte Regeln gelten (dazu lesen: 1, 2, 3). Die Widerrufsbelehrung ist mit dem OLG Hamm am Ende (insofern überzeugend) dann doch am Autkionsende zu orientieren, es ergeben sich also keine Konsequenzen für die Widerrufsfrist. Problematisch ist für mich jedenfalls weiterhin, dass sich bei einem bereits bestehenden Vertrag besondere Sorgfaltspflichten für den Verkäufer ergeben könnten. Insbesondere ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses wichtig, um zu unterscheiden, ob eine anfängliche Unmöglichkeit (§311a BGB) oder eine nachträgliche (§275 BGB) vorlag. Wesentlicher Unterschied: Wenn der Verkäufer die Unmöglichkeit der Leistung bei Vertragsschluss nicht kannte, muss er ggfs. keinen Schadensersatz leisten. Sollte die Kaufsache durch einen Unfall untergehen nach Abgabe des Gebotes aber vor Auktionsende, dürfte die Entscheidung des OLG Hamm insofern bei mangelndem Verschulden des Verkäufers dennoch zu einem Schadensersatzanspruch führen können. Ich sehe insofern noch nicht ganz, wie das OLG Hamm seine Entscheidung mit den AGB von ebay in Einklang bringen will, die die Rücknahme des Angebots für diesen Fall vorsehen?
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