Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hat am 22. August 2024 ein interessantes Urteil zur datenschutzrechtlichen Verantwortung von Arbeitgebern gefällt (Az. 5 SLa 66/24). Im Zentrum der Entscheidung stand die Frage, ob die Verwendung des Namens einer ehemaligen Mitarbeiterin in einem Werbeflyer ohne deren Zustimmung einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) darstellt und somit einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO begründet.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine frühere Pflegedienstleiterin in einer Senioreneinrichtung, war an der Erstellung eines Flyers beteiligt, der zu Werbezwecken eingesetzt wurde. In diesem Flyer wurden ihr Vor- und Nachname sowie eine dienstliche Telefonnummer der Beklagten aufgeführt. Auch nach ihrem Ausscheiden im Oktober 2021 nutzte die Beklagte die Druckvorlage erneut und ließ den Flyer im März 2023 verbreiten, ohne die Daten der Klägerin zu entfernen. Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen die DSGVO und forderte Schmerzensgeld. Die Vorinstanz, das Arbeitsgericht Koblenz, hatte der Klage stattgegeben. Auf Berufung der Beklagten wies das LAG jedoch die Klage ab und hob das Urteil der ersten Instanz auf.
Rechtliche Analyse
Im Kern der rechtlichen Auseinandersetzung stand die Frage, ob die Verwendung des Namens der Klägerin im Flyer ohne ihre ausdrückliche Zustimmung einen Datenschutzverstoß gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO darstellt und ob hierdurch ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO begründet wird.
Das LAG verneinte diesen Anspruch mit der Begründung, dass die Nutzung der Daten nicht rechtswidrig gewesen sei. Ausschlaggebend war die Abwägung zwischen dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an der Weiterverwendung bereits gedruckter Werbematerialien und dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Die Kammer kam zu dem Schluss, dass der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht schwerwiegend genug war, um einen Schadensersatzanspruch zu rechtfertigen. Insbesondere konnte die Klägerin keinen konkreten immateriellen Schaden darlegen, der über ein bloßes Unwohlsein hinausging.
Abwägung und Kritik
Die Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz wirft Fragen hinsichtlich der Auslegung von Art. 82 DSGVO auf. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist der Schadensersatzanspruch weit auszulegen, und es bedarf keiner erheblichen Beeinträchtigung, um einen immateriellen Schaden geltend zu machen. Die strenge Auslegung des LAG könnte daher als zu arbeitgeberfreundlich kritisiert werden. Zudem bleibt unklar, ob die pauschale Weiterverwendung personenbezogener Daten ohne jede Prüfung der Notwendigkeit mit den Transparenzanforderungen der DSGVO vereinbar ist.
Fazit
Die Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz zeigt die Herausforderungen bei der Abwägung zwischen berechtigten Interessen der Arbeitgeber und dem Datenschutz der Arbeitnehmer auf. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen, sodass die Entscheidung vorerst rechtskräftig bleibt. Es bleibt abzuwarten, ob ähnliche Fälle zu einer strengeren Auslegung des Art. 82 DSGVO führen werden. Die Quintessenz dieser Entscheidung dürfte jedoch sein, dass Arbeitgeber bei der Verwendung personenbezogener Daten ihrer Mitarbeiter, insbesondere nach deren Ausscheiden, äußerst vorsichtig agieren sollten.
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