LG Stuttgart zu Rechtsfragen bei Online-Glücksspielen

Das Landgericht (LG) Stuttgart hat in der Entscheidung vom 11. September 2024 (Az. 27 O 137/23) mehrere zentrale Rechtsfragen im Zusammenhang mit Online-Glücksspielen behandelt.

Im Mittelpunkt stand die Rückforderung von Einzahlungen, die ein Spieler auf ein Spielerkonto geleistet hatte, um an Glücksspielen teilzunehmen, die ohne Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) angeboten wurden. Das Gericht ging auf verschiedene Aspekte ein, die im Folgenden erläutert werden.

Sachverhalt

Der Kläger hatte bei einer auf Malta ansässigen Glücksspielplattform, die in Deutschland keine für Online-Glücksspiele besaß, ein Konto eröffnet und Geld eingezahlt, um an Casino- und Pokerspielen teilzunehmen. Die Einzahlungen erfolgten in Euro, während das Spielerkonto auch in US-Dollar geführt wurde. Der Kläger forderte die Rückzahlung der Einzahlungen, da die Glücksspielangebote gegen den deutschen Glücksspielstaatsvertrag verstießen.

Glücksspielcharakter und rechtliche Nichtigkeit des Vertrags

Das LG Stuttgart stellte fest, dass das an jedermann gerichtete Angebot, im Internet an Pokerspielen teilzunehmen, ein darstellt, da der Gewinn maßgeblich vom Zufall abhängt, auch wenn geschicktes Spielen die Gewinnchancen beeinflussen kann. Das Gericht verwies auf § 3 Abs. 1 GlüStV, wonach ein Glücksspiel vorliegt, wenn die Entscheidung über den Gewinn überwiegend zufallsabhängig ist. Dies ist auch beim Online-Poker der Fall, weil die Kartenverteilung zufällig ist und den Spielausgang bestimmt.

Die Teilnahme an den Online-Glücksspielen erfolgte ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 4 GlüStV, was zur Nichtigkeit des Vertrags nach § 134 BGB führte. Das Gericht stellte klar, dass bereits die Eröffnung eines Spielerkontos durch eine im Geltungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags wohnhafte Person ein nichtiges Rechtsverhältnis begründet, unabhängig davon, ob die Spiele tatsächlich gespielt wurden. Der Verstoß gegen den Glücksspielstaatsvertrag macht somit das gesamte Vertragsverhältnis nichtig.

Rückforderung der Einzahlungen

Da der Vertrag nichtig war, konnte der Kläger die Einzahlungen, die er auf das Spielerkonto geleistet hatte, bereicherungsrechtlich zurückfordern. Entscheidend war hierbei nicht, ob der Kläger bei jedem Spiel im Geltungsbereich des GlüStV war, sondern nur, dass er das Konto unter einem deutschen Wohnsitz eröffnet hatte. Das Gericht folgte der Argumentation des Klägers, dass die Umrechnung von US-Dollar-Beträgen in Euro zum Marktkurs des Zahlungszeitpunkts erfolgen kann und es nicht erforderlich ist, den vom Glücksspielanbieter verwendeten Wechselkurs für jede einzelne Transaktion offenzulegen.

Bewertung der Wechselkurse und Darlegungslast

Das LG Stuttgart erkannte die Berechnungen des Klägers an, die auf den marktüblichen Wechselkursen basierten, und stellte fest, dass die Darlegung des genauen Wechselkurses nicht erforderlich war. Der Kläger konnte durch die Vorlage von Tabellen die Umrechnung seiner in US-Dollar gutgeschriebenen Beträge zu den jeweiligen Tageskursen in Euro nachvollziehbar darlegen. Damit genügte er seiner Darlegungslast nach § 287 ZPO.

Ausblick

Die Entscheidung des LG Stuttgart unterstreicht die strikte Anwendung des Glücksspielstaatsvertrags und die damit verbundene Nichtigkeit von Verträgen bei unerlaubtem Online-Glücksspiel. Der Glücksspielanbieter haftete für die Rückzahlung der Einzahlungen des Klägers, auch wenn diese in verschiedenen Währungen auf dem Spielerkonto geführt wurden. Wichtig ist, dass die Nichtigkeit des Vertragsverhältnisses bereits durch die Kontoeröffnung begründet wurde, unabhängig von der tatsächlichen Spielteilnahme.

Bisherige Rechtsprechung

Die Entscheidung des LG Stuttgart fügt sich nahtlos in die bisherige Rechtsprechung zu illegalen Glücksspielen im Internet ein. In ähnlichen Fällen hat die Rechtsprechung, etwa durch den (BGH), mehrfach festgestellt, dass Glücksspielverträge, die gegen den Glücksspielstaatsvertrag verstoßen, nichtig sind. Die Rückforderung von Verlusten oder Einzahlungen ist dabei regelmäßig ein zentrales Thema. Die Rechtsprechung legt großen Wert darauf, den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten, indem Verträge über unerlaubtes Glücksspiel als nichtig erklärt und Rückforderungsansprüche ermöglicht werden.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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