Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen sind Umsatzsteuerfrei

Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Münster (15 K 3554/18 U) sind Leistungen im Zusammen­hang mit betreutem Wohnen umsatzsteuerfrei.

Im Streitfall betrieb eine eine Seniorenresidenz, bestehend aus einem Pflegeheim und sieben Wohnungen des betreuten Wohnens. Die Wohnungen befanden sich im Gebäude des Pflegeheims. Mit den Bewohnern des betreuten Wohnens schloss die GmbH Betreuungs­verträge ab, die diverse Leistungen einer (erweiterten) Grundversorgung und Wahlleistungen einschließlich eines Notrufsystems umfassten und durch das im Pflegeheim eingesetzte Perso­nal erbracht wurden.

Die GmbH ging davon aus, dass diese Umsätze teilweise umsatzsteuerfrei seien, soweit die entsprechenden Leistungen eng mit der Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Personen zusammenhingen. Dem folgte das Finanzamt bei den Umsatzsteuerveranlagungen allerdings nicht. Die hiergegen gerichtete war erfolgreich.

Die gegenüber einzelnen Bewohnern erbrachten Umsätze des betreuten Wohnens sind in dem von der GmbH beantragten Umfang nach dem Umsatzsteuergesetz (hier: gemäß § 4 Nr. 16 UStG) steuerfrei. Nach dieser Vorschrift sind die eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreu­ung oder Pflege von körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftigen Personen verbundenen Leistungen steuerfrei, die durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder bestimmte Einrichtungen erbracht werden.

Die Bewohner des betreuten Wohnens zählten zum Kreis der hilfsbedürftigen Personen, weil sie an altersbedingten Einschränkungen der Alltagskompetenzen litten. Diese im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen waren auch eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden.

Die GmbH bot den Bewohnern des betreuten Wohnens ein breites Angebot an Leistungen an, die zur ambulanten Pflege gehören und der Altenhilfe im Sinne des Sozialgesetzbuchs (§ 71 SGB XII) zuzurechnen sind. Hierzu gehörten verschiedene Betreuungsleistungen im Rahmen der ambulanten Pflege, aber auch die Bereitstellung eines Notrufdienstes und bedarfsweise die kurzfristige Übernahme pflegerischer Leistungen, die hauswirtschaftliche Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung und das Waschen der Kleidung. Soweit diese Leistungen auch der Befriedigung von Grundbedürfnissen dienten, sind diese spezifisch auf die Behebung altersspezifischer Einschränkungen gerichtet. Denn auch diese Leistungen werden durch das im Pflegeheim eingesetzte und hierfür geschulte Personal erbracht. (Quelle: Pressemitteilung des Gerichts)

Beachten Sie: Da das FG Münster die Leistungen der GmbH bereits nach dem UstG als steu­erfrei einstufte, brauchte es nicht darüber zu entscheiden, ob die Vorschrift mit dem Unions­recht unvereinbar ist und die Leistungen der GmbH aus dem betreuten Wohnen nach der Mehr­wertsteuersystemrichtlinie (hier: Art. 132 Abs. 1 Buchst. G MwStSystRL) umsatzsteuerfrei wären.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
Letzte Artikel von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht) (Alle anzeigen)
Benutzerbild von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht / Technologierecht. Beachten Sie unsere Tätigkeit im Steuerstrafrecht, digitaler gewerblicher Rechtsschutz, IT-Sicherheitsrecht sowie Softwarerecht.