Kein Bewährungswiderruf bei Tat zwischen Bewährungsende und Verlängerungsbeschluss

Ich konnte – wieder einmal – in einer Beschwerde einen stoppen. Dabei sah es zuerst recht eindeutig aus, auch für das Landgericht, das die zur widerrufen hatte: Es lag eine weitere Straftat vor. Diese Konstellation ist ein klassischer Fall des Widerrufs, wobei § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB in formeller Hinsicht voraussetzt, dass der Verurteilte in der Bewährungszeit eine Straftat begeht.

Der Widerruf von Bewährungen und der Kampf um Bewährungen gehört zu unserem strafprozessualen Alltag – und wir sind hier sehr erfolgreich, denn: nach unserer Erfahrung steckt hier viel verborgenes Potenzial – das wegen der kurzen Beschwerdefrist oft untergeht! Gerade Amtsgerichte unterschätzen die besonderen Umstände und nehmen gerne vorschnell, etwa bei nur mangelndem Kontakt mit dem Bewährungshelfer, einen Widerrufsgrund an. Beachten Sie dazu unseren zusammenfassenden Beitrag zum Thema Bewährungswiderruf sowie den Beitrag zur mehrfachen Bewährung.
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Was genau “in der Bewährungszeit” ist, muss aber genau geprüft werden: Besonders knifflig kann dies sein, wenn sich die gegenständliche Tat zwischen dem Ende der ursprünglichen Bewährungszeit und einem späteren Verlängerungsbeschluss abgespielt hat. Dies hat aktuell in der von mir geführten Beschwerde das OLG Köln nochmals zusammengefasst:

Eine solche Verlängerung der Bewährungszeit nach Ablauf der durch Gericht festgesetzten Bewährungszeit ist im Rahmen des § 56f StGB zulässig (…). Sie schließt rückwirkend unmittelbar an die abgelaufene Bewährungszeit an (…)

Straftaten in diesem – ursprünglich „bewährungsfreien“ – Zeitraum zwischen Ablauf der ursprünglichen Bewährungszeit und dem rückwirkenden Verlängerungsbeschluss können jedoch nicht als Anlasstat i.S.d. § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB gewertet werden (…). Auch der rückwirkende Anschluss des Verlängerungszeitraums an die ursprüngliche Bewährungszeit behebt den Umstand nicht, dass der Verurteilte in dieser Zeit tatsächlich nicht unter Bewährung stand. Insoweit erfordern die Interessen rechtsstaatlicher Klarheit und des Vertrauensschutzes für den Verurteilten, dass diese Zeitspanne nicht als Bewährungszeit i.S.d. § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB anzusehen ist.

Beschluss des OLG Köln vom 30. November 2022
Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht mit Schwerpunkt Cybersecurity & Softwarerecht. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht und zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht und anspruchsvolles IT-Recht inkl. IT-Sicherheitsrecht - ergänzt um Arbeitsrecht mit Fokus auf Managerhaftung. Von Verbrauchern werden allein Strafverteidigungen und im Einzelfall Fälle im Arbeitsrecht übernommen!
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht - zertifizierter Experte in Krisenkommunikation & Cybersecurity)
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Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht mit Schwerpunkt Cybersecurity & Softwarerecht. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht und zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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