Das Landgericht Karlsruhe (20 StVK 228/24) hat kürzlich in einem Fall entschieden, der sich mit der Gesamtstrafe für einen Angeklagten befasste, der unter anderem wegen Drogenhandels und illegalen Waffenbesitzes verurteilt wurde. Diese Entscheidung beleuchtet insbesondere die Auswirkungen des neuen Konsumcannabisgesetzes (KCanG) auf die Strafzumessung.
Sachverhalt
Der Angeklagte wurde ursprünglich vom Amtsgericht – Schöffengericht – S. am 27.04.2022 verurteilt. Die Verurteilung umfasste zwölf Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, einen Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und den unerlaubten Besitz von 1,6 Gramm Marihuana zum Eigenkonsum in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz eines Schlagrings. Das Amtsgericht setzte für diese Taten mehrere Einzelfreiheitsstrafen fest, die zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten führten.
Rechtliche Analyse
Auswirkungen des Konsumcannabisgesetzes (KCanG)
Mit Inkrafttreten des KCanG am 01.04.2024 wurde der Besitz kleiner Mengen Cannabis zum Eigenkonsum entkriminalisiert. Dies führte dazu, dass die Tat des Besitzes von 1,6 Gramm Marihuana zum Eigenkonsum nicht mehr strafbar ist. Das LG Karlsruhe musste daher die für diese Tat verhängte Einzelstrafe neu bewerten und setzte diese auf eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je einem Euro fest.
Bewertung der Gesamtstrafe
Trotz der Neufestsetzung der Einzelstrafe für den Besitz des Marihuanas entschied das LG Karlsruhe, dass die Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten bestehen bleibt. Dies wurde unter Berücksichtigung der Strafzumessungskriterien und des verbleibenden Schuldgehalts der anderen Taten als tat- und schuldangemessen angesehen.
Art. 316p i.V.m. Art. 313 EGStGB
Art. 316p EGStGB verweist auf die entsprechende Anwendung von Art. 313 EGStGB. Dieser regelt die Folgen von Gesetzesänderungen, die eine Straftat nachträglich entkriminalisieren oder mildern. Das Gericht entschied, dass diese Vorschriften auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden sind, da der Besitz kleiner Mengen Cannabis zum Eigenkonsum durch das neue Konsumcannabisgesetz (KCanG) entkriminalisiert wurde.
Art. 316p i.V.m. Art. 313 EGStGB erlaubt es, Strafen für Handlungen zu ermäßigen oder neu festzusetzen, die nach dem neuen Gesetz nicht mehr strafbar sind. Dies betraf im vorliegenden Fall den Besitz von 1,6 Gramm Marihuana, der zum Zeitpunkt der Verurteilung noch strafbar war, jetzt aber entkriminalisiert ist. Dementsprechend setzte das LG Karlsruhe die Einzelstrafe für diese Tat auf eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen fest.
Grenzen der Anwendung
Das Gericht stellte jedoch klar, dass Art. 316p i.V.m. Art. 313 EGStGB nicht die Möglichkeit eröffnet, Strafen für solche Taten zu ermäßigen oder neu festzusetzen, die nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) weiterhin strafbar sind und für die das Konsumcannabisgesetz lediglich geringere Strafrahmen vorsieht. In diesem Zusammenhang wurde betont, dass der Gesetzgeber bewusst die Strafrahmen für Cannabis im Vergleich zum BtMG herabgesetzt hat, dies jedoch nicht in die Regelungen des EGStGB eingeflossen ist. Somit können Strafen nicht allein aufgrund einer Milderung des Strafrahmens herabgesetzt werden.
Fazit
Die Entscheidung des LG Karlsruhe zeigt deutlich, wie sich Änderungen im Betäubungsmittelrecht auf laufende Verfahren und bestehende Strafen auswirken können. Während der Besitz kleiner Mengen Cannabis zum Eigenkonsum nun straffrei ist, bleiben schwerere Delikte wie der Handel mit Betäubungsmitteln weiterhin streng geahndet. Für die Betroffenen bedeutet dies, dass trotz neuer Gesetze nicht zwangsläufig eine Reduzierung der Gesamtstrafe erfolgt, wenn andere schwere Straftaten vorliegen.
Diese Entscheidung verdeutlicht zudem die Bedeutung einer differenzierten Betrachtung bei der Strafzumessung und die Notwendigkeit, alle strafzumessungsrelevanten Umstände umfassend zu würdigen.
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