Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Urteil 1 StR 416/23 hervorgehoben, dass die Höhe der Steuerverkürzung gemäß § 370 Abs. 1 AO durch den Vergleich der tatsächlich geschuldeten Steuer mit der zu niedrig festgesetzten Steuer bestimmt wird. Dies erfordert eine genaue Berechnung der Soll-Steuer, indem der Veräußerungsgewinn rechtsfehlerfrei ermittelt wird.
Das Landgericht hatte diesen Veräußerungsgewinn zu berechnen, indem es den Veräußerungspreis, abzüglich der Veräußerungskosten, über den Anschaffungskosten ansetzte: Das Gericht stellte fest, dass das Landgericht dabei rechtsfehlerhaft nur die tatsächlich zugeflossenen Vermögensvorteile berücksichtigt und nicht den vertraglich vereinbarten Veräußerungspreis korrekt ermittelt hatte. Dies führte zu einem unvollständigen Bild des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns und somit zu einer fehlerhaften Bestimmung der Steuerverkürzung:
Die Höhe der Steuerverkürzung (§ 370 Abs. 1 AO) ergibt sich aus dem Vergleich der tatsächlich geschuldeten mit der zu niedrig festgesetzten Steuer (Vergleich der Soll-Steuer mit der Ist-Steuer; st. Rspr.; etwa BGH, Beschluss vom 10. März 2021 – 1 StR 499/20 Rn. 10). Zur Bestimmung der Soll-Steuer hätte das Landgericht den Veräußerungsgewinn rechtsfehlerfrei bestimmen müssen. Von jener ist – insoweit ist das Landgericht rechtsfehlerfrei vorgegangen – der mit dem Schätzungsbescheid vom 11. November 2013 festgesetzte Betrag abzuziehen. Zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieses Bescheids war die Steuerverkürzung vollendet (st. Rspr.; zuletzt BGH, Beschluss vom 16. Mai 2023 – 1 StR 79/23 Rn. 6 mwN).
Der Veräußerungsgewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis und den Veräußerungskosten, wobei alle relevanten wertbestimmenden Faktoren zum Zeitpunkt der Veräußerung zu berücksichtigen sind. Die Berechnung erfolgt nach dem Teileinkünfteverfahren, bei dem nur 60 % des Veräußerungspreises und der Veräußerungs- sowie Anschaffungskosten steuerpflichtig sind:
Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt (§ 17 Abs. 2
Satz 1 EStG). Er entsteht mit Übergang der zivilrechtlichen Inhaberschaft (§ 39 Abs. 1 AO) oder zumindest des sogenannten wirtschaftlichen Eigentums (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) an den Anteilen auf den Erwerber und ist damit bereits in diesem
Veranlagungszeitraum zu versteuern.Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns bestimmen sich alle relevanten wertbestimmenden Faktoren grundsätzlich
nach dem Zeitpunkt der Veräußerung; auf den Zufluss des Entgelts (§ 11 EStG) kommt es nicht an (…) Zu dieser Zeit bestehenden Unwägbarkeiten ist durch Schätzung Rechnung zu tragen. Nach dem Teileinkünfteverfahren sind vom Veräußerungspreis nur 60 % steuerpflichtig (§ 3 Nr. 40c EStG); die Veräußerungs- und Anschaffungskosten sind ebenfalls mit 60 % anzusetzen (§ 3c Abs. 2 EStG). Gegebenenfalls ist ein Freibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen.
Aufgrund der festgestellten Mängel wurde das Urteil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen .
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