Halten von Mobiltelefon durch Ablegen auf Oberschenkel

Das BayObLG München (201 ObOWi 1507/21) hat entschieden, dass eine verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons durch ein Halten auch dann zu bejahen ist, wenn das Mobiltelefon zwar nicht mit bzw. in der Hand gehalten, aber auf dem Oberschenkel abgelegt wird.

Insoweit gilt, dass denTatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach §§ 23 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO („“) erfüllt, wer ein dort bezeichnetes elektronisches Gerät zum Zwecke der Nutzung aufnimmt oder hält und wenn kein Ausnahmetatbestand nach Nr. 2 vorliegt. Mit den vorherigen Feststellungen des Amtsgerichts hatte die Betroffene das Mobiltelefon benutzt, indem sie durch Tippen der Wahlwiederholung eine Rufnummer aus- und angewählt hat. Die Betroffene hat dabei aus Sicht des BayObLG das auf ihrem rechten Oberschenkel liegende Mobiltelefon auch „gehalten“:

Vom Wortsinn her bedeutet „Halten“ demnach einerseits „festhalten“ und andererseits „bewirken, dass etwas in seiner Lage, seiner Stellung oder Ähnlichem bleibt“ (www.duden.de „halten“, Bedeutungen).

Demnach liegt ein Halten nicht nur dann vor, wenn ein Gegenstand mit der Hand ergriffen wird, sondern etwa auch dann, wenn ein elektronisches Gerät bei der Nutzung zwischen Schulter und Ohr (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 04.12.2020 – 1 RBs 347/20 = NZV 2021, 275; AG Coesfeld, Urt. v. 20.04.2018 – 3b OWi – 89 Js 2030/17-306/17 = DAR 2018, 640) bzw. zwischen Oberschenkel und Lenkrad fixiert wird (König DAR 2020, 362, 372).

Darüber hinaus ist ein Halten aber auch dann gegeben, wenn ein in § 23 Abs. 1a StVO genanntes Gerät in sonstiger Weise mit Hilfe der menschlichen Muskulatur in seiner Position bleibt. Wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Rechtsbeschwerde zutreffend darlegt, kann ein Mobiltelefon während der Fahrt, verbunden mit den damit einhergehenden Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen, nicht allein durch die Schwerkraft auf dem Schenkel verbleiben, sondern es bedarf bewusster Kraftanstrengung, um die Auflagefläche so auszubalancieren, dass das Mobiltelefon nicht vom Bein herunterfällt. Auch dieses durch menschliche Kraftanstrengung bewirkte Ausbalancieren unterfällt dem Begriff des Haltens (…)

Die Bestimmung dient damit dem Ziel, Gefahren für die Verkehrssicherheit zu verhindern, die aus einem Aufnehmen und Halten des Geräts und einer mit der Gerätenutzung verbundenen, nicht nur unwesentlichen Beeinträchtigung der visuellen Wahrnehmung des Verkehrsgeschehens resultieren (vgl. BGH, Beschluss vom 16.12.2020 – 4 StR 526/19 = BGHSt 65, 217 = ZfS 2021, 169 = DAR 2021, 220 = NJW 2021, 1404 = NStZ 2021, 501 = NZV 2021, 580).

Eine solche unzulässige Ablenkung liegt insbesondere dann vor, wenn der Fahrer nicht mehr beide Hände zum Lenken des Fahrzeugs zur Verfügung hat (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.03.2020 – 1 Rb 36 Ss 832/19 = ZfS 2020, 473 = VerkMitt 2020, Nr. 50 = DAR 2020, 520; OLG Hamm, Beschluss vom 28.05.2019 – 4 RBs 92/19 = DAR 2019, 632 = NZV 2019, 647), wobei nicht das Halten also solches, sondern nur die Benutzung bei gleichzeitigem Halten untersagt ist (König, in Hentschel/König/Dauer Straßenverkehrsrecht 46. Aufl. § 23 Rn. 32; Heß, in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht 26. Aufl. 2020 § 23 StVO Rn. 22a) …

Der Senat verkennt hierbei nicht, dass der Verordnungsgeber ausweislich der Verordnungsbegründung davon ausgegangen ist, dass unter „Halten“ ein „in der Hand Halten“ zu verstehen ist und es dabei bleiben soll, dass das Annehmen eines Telefongesprächs durch Drücken einer Taste oder das Wischen über den Bildschirm eines Smartphones zu diesem Zweck erlaubt bleiben soll, soweit das Mobiltelefon nicht in die Hand genommen wird (BR-Drs. 556/17 S. 25, 26). Für die Auslegung sind aber nicht einzelne Passagen der Verordnungsbegründung, sondern primär der vom Verordnungsgeber verfolgte Zweck maßgeblich, soweit die entsprechende Auslegung mit dem Wortlaut der Norm in Übereinstimmung zu bringen ist (…)

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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