Haftung des Zahlers im Falle der Ausführung eines Zahlungsvorgangs aufgrund einer gefälschten Faxanweisung durch den Zahlungsdienstleister

Zur Frage der Haftung des Zahlers bei Ausführung eines Zahlungsvorgangs aufgrund eines gefälschten Faxauftrags des Zahlungsdienstleisters hat der (XI ZR 294/19) entschieden: Im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs, der zu einer Belastung des Zahlungskontos des Zahlers geführt hat, ist der Zahlungsdienstleister nach § 675u Satz 1, 2 Halbsatz 2 BGB verpflichtet, das Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte.

Ein Zahlungsvorgang ist autorisiert und gegenüber dem Zahler wirksam, wenn der Zahler dem Zahlungsvorgang zugestimmt hat, § 675j Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Zustimmung nach § 675j Abs. 1 Satz 1 BGB muss tatsächlich vom Zahler stammen. Die Erklärung eines nicht vertretungsberechtigten Dritten kann dem Zahler nicht nach Rechtsscheingrundsätzen zugerechnet werden, da die Regelungen in § 675j Abs. 1, § 675u Satz 1 BGB abschließend sind. Die Zustimmung kann gemäß § 675j Absatz 1 Satz 2 BGB entweder durch Einwilligung oder, sofern zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zuvor vereinbart, durch Autorisierung erfolgen. Art und Weise der Zustimmung sind zwischen Zahler und Zahlungsdienstleister zu vereinbaren, § 675j Abs. 1 Satz 3 BGB.

Die Voraussetzungen des § Abs. 2 BGB aF lagen hier vor:

Die Leiterin der Finanzbuchhaltung der Klägerin verletzte als deren Erfüllungsgehilfin nach § 278 BGB eine Bedingung für die Nutzung des Verfahrens der „Zahlungsanweisungen per Fax“. Weil § 675v Abs. 2 BGB aF qualifizierte Anforderungen an die Haftung des Zahlers stellt, steht einer Zurechnung des Handelns der Leiterin der Finanzbuchhaltung nach § 278 BGB nicht entgegen, dass die Regelung des § 675u Satz 2 BGB nicht mittels der Grundsätze über die Rechtsscheinhaftung überspielt werden kann.

Verletzt war hier die „Bedingung“, dass der Faxauftrag der Beklagten von der Leiterin der Finanzbuchhaltung nur insoweit weitergeleitet werden durfte, als er tatsächlich vom der Klägerin unterzeichnet war. Gegen diese Bedingung hat die Leiterin der Finanzbuchhaltung nicht nur grob fahrlässig, sondern vorsätzlich verstoßen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts übermittelte sie der Beklagten wissentlich und willentlich Telefaxaufträge, die nicht die zuvor eigenhändig auf dem Telefaxauftrag angebrachte Unterschrift des Geschäftsführers trugen, sondern mit elektronisch übermittelten und durch Ausdruck reproduzierten „Unterschriften“ des Geschäftsführers versehen waren. Damit wich sie bewusst von den zwischen den Parteien zum Ausschluss des Fälschungsrisikos vereinbarten Bedingungen in Nr. 1 lit. b der „Haftungsfreistellungserklärung für Faxanweisungen“ ab.

Der Schaden der Beklagten besteht in der Belastung mit der Verpflichtung aus § 675u Satz 2 BGB. Eine Kürzung des Anspruchs der Beklagten nach § 254 Abs. 1 BGB komme nicht in Betracht.

Das Berufungsgericht hat zutreffend gewürdigt, dass das Handeln der Leiterin der Finanzbuchhaltung von den üblichen Zahlungsvorgängen abwich, die Beklagte diese Besonderheit erkannte und deshalb die Leiterin der Finanzbuchhaltung anregte, die Zahlungsvorgänge im Electronic-Banking-Verfahren durchzuführen. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei zu weiteren Nachforschungen nicht verpflichtet gewesen, weil die Leiterin der Finanzbuchhaltung auf den Faxanweisungen bestanden und diese vor ihrer Ausführung jeweils telefonisch bestätigt habe, begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Die Auffassung der Revision, die gesetzliche Risikoverteilung spreche gegen eine Anwendung des § 254 Abs. 1 BGB zu Gunsten der Klägerin, geht schon deshalb fehl, weil § 675v Abs. 2 BGB aF im Falle einer vorsätzlichen Pflichtverletzung dem Nutzer grundsätzlich eine unbeschränkte Haftung für den durch die nicht autorisierte Zahlung entstandenen Schaden auferlegt. Liegen die Voraussetzungen vor, unter denen der Zahler seinem Zahlungsdienstleister nach § 675v Abs. 2 BGB aF zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet ist, kann aus der gesetzlichen Risikozuweisung für das Vorliegen einer Autorisierung kein anspruchsmindernder Umstand hergeleitet werden. Eine fahrlässige Pflichtverletzung der Beklagten hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

Zugleich entschied der BGH, dass eine Bank dem Anspruch eines Zahlungsdienstnutzers auf Wiedergutschrift eines unautorisiert abgebuchten Betrages den Schadensersatzanspruch §§ 675v Abs. 3 Nr. 2, 675l Abs. 1 BGB im Wege der -Einrede entgegenhalten kann (so auch , 13 U 167/22).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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